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„IAA-Rückzug ist Ausdruck einer Branche in der Krise“

Wenn die Internationale Automobil-Ausstellung (IAA) am 12. September 2019 ihre Tore öffnet, werden viele namhafte Automobilhersteller in Frankfurt gar nicht vertreten sein oder sich mit einem deutlich kleineren Messestand präsentieren. Diese Entwicklung ist keinesfalls ein Indikator dafür, dass das Format Messe nicht mehr zeitgemäß ist. Vielmehr ist der Rückzug einiger traditionsreicher Autohersteller von der IAA offenkundig Ausdruck einer Branche in der Krise, sagt die Marketingexpertin Prof. Dr. Erika Graf von der Frankfurt University of Applied Sciences (Frankfurt UAS).

„Weltweit befindet sich die Automobilindustrie im Umbruch hin zur Elektromobilität. Dies führt zu einem erhöhten Kostendruck. Hinzu kommen Unsicherheiten im Welthandel, Diskussionen um Zölle, der Brexit etc., die Deutschland als Exportnation insbesondere in der Automobilindustrie zu schaffen machen“, so Graf. „Aber nicht nur deutsche, alle internationalen Autobauer sind davon betroffen: So geben Unternehmen als wichtiges Kriterium für eine Messebeteiligung die wirtschaftliche Situation im Heimatland an. Daher sind auch dies Entwicklungen, die zu einem kleineren Auftritt wie bei BMW und Daimler oder Absagen wie von Peugeot, Mitsubishi oder Nissan führen.“

Die Messe habe als Leistungsschau ihre Attraktivität für Aussteller und Besucher/-innen durchaus nicht verloren, betont die Wissenschaftlerin. „Weltweit ist die Messebranche im Wachstum. Messen in Deutschland konnten sich in den vergangenen Jahren steigender Umsätze erfreuen, aber das Messebudget deutscher Unternehmen ist in 2018, nach einem Hoch in 2006/2007, auf das Niveau von 2002 gesunken.“ Die Gründe dafür seien vielfältig. „Einerseits führen steigende Ausgaben für Digitales Marketing möglicherweise zu einer Umverteilung der Budgets. Andererseits ist die Automobilbranche eine Schlüsselindustrie in Deutschland, und Ausgabeveränderungen in der Branche schlagen auf das Gesamtbild durch“, so Graf. Laut einer Umfrage1 zum Imageschaden des Dieselantriebs bei Automobilen durch die Betrugsskandale in Deutschland im Jahr 2018 waren 87 Prozent der potenziellen Käufer/-innen von Autos mit Dieselantrieb der Ansicht, dass das Image des Diesels durch die Skandale stark beschädigt worden ist. „Auch dieser Imageverlust mag zur Zurückhaltung oder mehr Bescheidenheit beim Messeauftritt beitragen“, so die Betriebswirtin.

Eine weitere Erklärung liegt laut Graf darin, dass die Automobilbranche vor einer tiefgreifenden Veränderung ihres Geschäftsmodells steht: weg vom Verkauf von Produkten und hin zum Vermarkten von Dienstleistungen. „Der Besitz des eigenen Fahrzeugs wird in Zukunft weniger wichtig sein als ein umfassender Mobilitätsansatz mit entsprechenden Services, vor allem in Ballungsräumen. Durch die Digitalisierung können Automobilhersteller ihren Kundinnen und Kunden eine Vielzahl von meist App-basierten Mobilitätsdienstleistungen anbieten. Die Mobilität der Zukunft wird sich stark verändern. Dementsprechend entwickeln die Automobilbauer Konzepte wie CarSharing oder Ridesharing und Zusatzservices, beispielsweise, um knappen Parkraum besser zu nutzen. Aufgrund der Immaterialität solcher Services können diese auf Messen nicht wie das physische Produkt ,Auto‘ präsentiert werden. Sie können beschrieben, erklärt oder in Nutzungsszenarien per Video gezeigt werden. Der Vorteil einer Ausstellung – das physische Erleben des Autos, die Möglichkeit sich hineinzusetzen, das Lenkrad anzufassen, das Leder zu riechen – gelten nicht für Services.“

1Die Umfrage ist nachzulesen in der Statistikdatenbank Statista unter: https://de.statista.com/statistik/daten/studie/819523/umfrage/umfrage-zum-imageschaden-durch-den-dieselskandal/

Zur Person:

Prof. Dr. Erika Graf ist seit 2011 Professorin für Internationale Betriebswirtschaftslehrean der Frankfurt University of Applied Sciences. Sie hat umfassende Lehrerfahrungals Professorin für Marketing, Marktforschung und Corporate Governance, als Dozentin für Change Management und Human Ressource Management. Ihre Forschungsschwerpunkte sind Kundenbindung, Internationales Marketing, Nachhaltigkeits-Marketing und Marketingproduktivität, zu denen sie diverse Beiträge in Fachzeitschriften veröffentlicht hat. Darüber hinaus führte sie eine Reihe von Forschungsstudien zu diesen Themen in Zusammenarbeit mit Hochschulen und Unternehmen durch.

Kontakt:

Frankfurt University of Applied Sciences
Fachbereich 3: Wirtschaft und Recht
Prof. Dr. Erika Graf
Tel.: +49 69 1533-3886
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