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Nicht jede/-r kann pflegen: Pflegefachkräfte haben eine anspruchsvolle, differenzierte Ausbildung und das sollten sie auch so kommunizieren

Projekt „Kompetenzkommunikation und Wertschätzung in der Pflege (KoWeP)“ zieht Bilanz

Die Frankfurt University of Applied Sciences (Frankfurt UAS) hat das Projekt „Kompetenzkommunikation und Wertschätzung in der Pflege (KoWeP)“ Ende April 2023 abgeschlossen. Vor dem Hintergrund einer Dysbalance zwischen der gesellschaftlichen Bedeutung des Pflegeberufes und der öffentlichen Wertschätzung wurde im Projektverlauf das Konzept der Kompetenzkommunikation – also die Art und Weise, wie Pflegende ihr berufliches Handeln und ihre Kompetenzen versprachlichen – beleuchtet. KoWeP folgte dabei der Überzeugung, dass eine Stärkung und Bewusstmachung genau dieser Versprachlichung von pflegerischem Handeln, die gesellschaftliche Wahrnehmung des Berufes prägt. Ziel des Projektes war es, berufliche Kompetenzen bewusst zu machen, den Berufsstolz zu fördern und die sprachliche Darstellung der professionellen Kompetenzen von Pflegenden nach innen und außen zu schulen. So sollen die Fähigkeiten zur Kompetenzkommunikation gesteigert und die Pflegenden zur aktiven Teilnahme und Mitgestaltung im Pflegediskurs ermutigt werden.

Im Projekt arbeitete die Frankfurt UAS mit folgenden Partnern zusammen: Dienstleistung, Innovation, Pflegeforschung GmbH (DIP-GmbH), Deutsche Angestellten-Akademie DAA Westfalen und MA&T Sell & Partner GmbH. Gefördert wurde das Projekt vom Bundesministerium für Gesundheit (BMG). Auf einer Veranstaltung des BMG zum internationalen Tag der Pflegenden am 12. Mai wird das Projekt in Berlin präsent sein. „Dort ist der passende Rahmen, unsere Ergebnisse zu präsentieren, auf die Berufsgruppe und die leider teils mangelnde Wertschätzung seitens der Gesellschaft für diese aufmerksam zu machen und aufzuzeigen, wie mit Kompetenzkommunikation Expertise sichtbar gemacht werden kann“, freut sich Projektleiter Prof. Dr. Klaus Müller, Professor für Pädagogische Aufgaben in der Pflege an der Frankfurt UAS.

In der ersten Projektphase wurde eine systematische Literaturrecherche durchgeführt. Die Ergebnisse ermöglichten einen fließenden Übergang in eine zweiteilige empirische Phase. Im ersten Teil wurden von der Projektleitung Prof. Dr. Klaus Müller und den beiden wissenschaftlichen Mitarbeiterinnen Dr. Lisa Luft und Katja Kraus Fokusgruppeninterviews durchgeführt. Dazu eingeladen waren Expertinnen und Experten aus Pflegewissenschaft, Management und Pädagogik, Studierende der Studiengänge Berufspädagogik und Advanced Practice Nursing sowie Praxisanleiterinnen und -anleiter. Im Zentrum des Interesses stand das Erleben von Wertschätzung: einerseits von innen, also von Kollegen und Vorgesetzten, andererseits von außen, also von Gepflegten und der Gesellschaft im Allgemeinen. Ebenso wurde die Fragestellung „Was tun Pflegekräfte eigentlich, wenn Sie Menschen pflegen?“ mit den Teilnehmenden diskutiert.

Daran anschließend führte DIP unter der Leitung von Prof. Dr. Michael Isfort eine Online-Befragung zur öffentlichen Wahrnehmung der Pflege durch. Gefragt wurde unter anderem nach der eigenen Einschätzung zu typischen Aussagen über die Pflege, den Auswirkungen von Aussagen über den Beruf seitens der Medien im Rahmen der Corona-Pandemie sowie auch zu möglichen Lösungsansätzen, durch welche Personengruppen und mit welchen Ansätzen Pflege und Pflegende in der Öffentlichkeit besser vertreten werden könnten. Die Relevanz des Themas wurde durch die große Anzahl von insgesamt 4.205 teilnehmenden Personen aus dem Bereich Pflegende, Lehrende in der Pflege sowie wissenschaftlich qualifizierte Personen in der Pflege sichtbar.

Als eines der zentralen Ergebnisse wurde deutlich, in welchem Spannungsfeld von scheinbar einfachen Tätigkeiten bis hin zu hoch komplexen pflegerischen Interventionen sich Pflegende bewegen. Mit einem „24 Stunden Blick“ auf die Patientinnen und Patienten bzw. Bewohner/-innen deckt die Berufsgruppe ein hohes medizinisches Fachwissen ab, sorgt gleichermaßen für eine aktuelle Zeitung am Bett und beantwortet die Einsamkeit in der stationären Langzeitversorgung. In vielerlei Hinsicht wird dadurch der Unterschied zu allen anderen Berufsgruppen im Gesundheitswesen deutlich, die in der Ausübung ihres Berufes viel kürzeren Kontakt aufnehmen. Das Kommunikationsverhalten von Pflegefachkräften wird dadurch zu einem Spagat, der sich im interdisziplinären und gesellschaftlichen Kontext zeigt. Je nachdem, in welchem Kontakt die Pflegefachkraft steht, variiert somit die Wortwahl. Im sprachlichen Umgang mit Pflegeempfängerinnen und -empfängern wählt die Pflegefachkraft eine einfache Sprache, dies fördert u.a. den Aufbau von Vertrauen, während die ärztliche Visite mit einem medizinischen Fachterminus begleitet wird und im kollegialen Austausch ein verkürzter Sprachcode z.B. „fürs Bett fertig machen“ genutzt wird. Hinter diesem Code steht jedoch weit mehr, zum Beispiel die Durchführung von Prophylaxen, Lagerungs-/ Positionierungsvarianten und Hautinspektionen. Die Sprachebene, die innerhalb der Berufsgruppe und gegenüber den Pflegeempfangenden gewählt wird, nimmt den weit höchsten Anteil in der Kommunikation ein. In Folge dessen werden pflegerische Interventionen nicht versprachlicht und bleiben unsichtbar. Die Folge kann eine Degradierung der geleisteten Arbeit bis hin zu einer selbst erlebten geringen Wertschätzung sein.

Auf Basis der qualitativen und quantitativen  Erkenntnisse wurde von Kurt Ciesinger und Elif Yüzer (DAA) sowie Dr. Paul Fuchs-Frohnhofen und Dr. Heidrun Großmann (MA&T Sell & Partner GmbH) ein Schulungsangebot „Arbeite gut und rede darüber“ für beruflich Pflegende entwickelt und erprobt.

Zur Darstellung der Schulungsinhalte wurde das Bild des Leuchtturms gewählt. Im Unterbau des Turmes stehen vier Themenschwerpunkte: Pflegekompetenz und Berufsethos, Professionsbewusstsein, Selbstwirksamkeit, Kommunikationsfähigkeit. Die Teilnehmenden setzen sich während der Schulungstage einzeln sowie in Gruppen interaktiv mit den Inhalten auseinander.

Warum nun das Bild des Leuchtturms? Die Aufgabe eines Leuchtturms ist es, in verschiedene Richtungen auszustrahlen. In der Übersetzung auf das Konzept der Kompetenzkommunikation wird den Teilnehmenden vermittelt, welche hohe Bedeutung eine kompetenzorientierte Kommunikation in der Pflege hat. Sie werden dazu ermutigt, diese Kommunikation in ihrem Arbeitsalltag, im Privatleben und bei Begegnungen im öffentlichen Raum oder mit den Medien zu integrieren, um so die Wege für den Aufbau bzw. die Weiterentwicklung einer Kompetenzkommunikation in der Pflege zu ebnen. „In die Zukunft gedacht führt es in der Pflege dazu, gut zu arbeiten und so darüber zu sprechen, dass für Außenstehende wahrnehmbar wird, wie anspruchsvoll und verantwortungsreich die pflegerische Berufstätigkeit tatsächlich ist“, betont Müller.

Das Schulungsangebot wurde in acht zweitägigen Kursen mit jeweils zehn bis 15 Teilnehmenden erprobt. Die Gruppen waren mit Personen unterschiedlicher Wissens- und Erfahrungsstände zusammengestellt, um eine größtmögliche Fülle von Perspektiven einzufangen. Insgesamt haben sich 112 Teilnehmende an der Evaluation beteiligt und 45,8 Prozent haben auf die Frage „Hat sich seit der ersten Schulung Ihr Professionsbewusstsein/die Wahrnehmung Ihrer Selbstwirksamkeit sowie Fachlichkeit verändert?“, mit ja geantwortet. „Es wurde deutlich, wie der bewusste Umgang professionell Pflegender mit der eigenen Sprache und die Wertschätzung in der Pflege zusammenhängt. Der weitverbreiteten Annahme ,Pflege kann jede/-r‘, wird nun ein selbstbewusstes ,um pflegen zu können, braucht es eine anspruchsvolle, differenzierte Ausbildung‘ entgegengesetzt und dieses Auftreten der Pflegenden hat eine große Wirkung auf die Wahrnehmung der Berufsgruppe“, so Müller.

Kontakt:

Frankfurt University of Applied Sciences

Fachbereich 4: Soziale Arbeit und Gesundheit

Prof. Dr. Klaus Müller, mueller.klaus(at)fb4.fra-uas.remove-this.de

Informationen zum Fachbereich Soziale Arbeit und Gesundheit: www.frankfurt-university.de/fb4

Ergebnisse des Projekts sind auch über den Webauftritt des „Pflegenetzwerk Deutschland“ zugänglich und werden sukzessive ergänzt.

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