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Statement:„Unterstützungsangebote lassen zu wünschen übrig“

Larissa Hornig von der Frankfurt UAS spricht anlässlich des Weltgesundheitstags am 7. April über die Bedeutung und Problemfelder der Angehörigenarbeit in der Suchthilfe.

Substanzgebrauchsstörungen (SGS) können massive Belastungen innerhalb der kompletten Familiendynamik nach sich tragen. So wurden in verschiedenen Studien die negativen Auswirkungen von SGS auf die Gesundheit von Angehörigen vielfach und eindeutig belegt. „Angehörige von Betroffenen leiden häufiger an psychischen Beeinträchtigungen und Störungen, haben einen schlechteren allgemeinen Gesundheitszustand und haben nicht zuletzt deutlich erhöhte medizinische Behandlungskosten. Dementsprechend stellen auch Angehörige eine wichtige Zielgruppe für die Suchthilfe dar“, betont Larissa Hornig, Wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Suchtforschung Frankfurt (ISFF) der Frankfurt University of Applied Sciences (Frankfurt UAS) anlässlich des Weltgesundheitstags am 7. April. „In der Praxis lässt die Angebotspalette an Unterstützungsmöglichkeiten für diese Zielgruppe nach wie vor zu wünschen übrig“, so die Suchtexpertin. Umso wichtiger sei es, ein flächendeckendes, bedarfsorientiertes Unterstützungsangebot für betroffene Angehörige zu schaffen.

„Die Betroffenen wünschen sich in vielen Fällen Offenheit, Verständnis, Austausch und Hilfestellungen von der Suchthilfe im Sinne spezifischer Ratschläge für den Umgang mit dem oder der Betroffenen. Gerade Kinder von Personen mit Substanzgebrauchsstörungen äußern zudem den Bedarf an einer besseren Erreichbarkeit und Präsenz der Suchthilfe“, so Hornig. „Gleichzeitig bemängeln die Angehörigen das Schnittstellenmanagement zwischen etwa Hausärztinnen und -ärzten, Psychologinnen und Psychologen, Kliniken, Beratungsstellen, öffentlichen Behörden, Erziehenden oder Lehrenden.“ Dies zeigen auch die Ergebnisse der in 2017 durchgeführten, größeren BEPAS1-Studie zu dieser Thematik sowie die Ergebnisse der empirischen Befragung von Hornig. Die Aufarbeitung dieser Problematiken in der Praxis durch die Suchthilfe selbst falle jedoch sehr gering aus und habe sich über die vergangenen Jahre nur minimal entwickelt oder verändert.

Hornig erklärt: „Ein weiteres Problem besteht darin, dass Angehörige die bereits bestehenden Angebote nur selten bis gar nicht nutzen. Hauptgründe hierfür sind in erster Linie Schuld- und Schamgefühle sowie Selbstvorwürfe, denn SGS werden in unserer Gesellschaft immer noch stark tabuisiert und nicht als Krankheit anerkannt.“ Ferner mangele es bei bestehenden Angeboten an Anonymität, einer entsprechenden Werbung sowie weiterführenden Informationen. „Angehörige besitzen teils eine geringe Zuversicht, dass sich durch die Inanspruchnahme eines Angebotes etwas an der Erkrankung des oder der Betroffenen ändert. Hier wird deutlich, dass sie häufig zunächst an ihre Familienmitglieder mit SGS denken und so unbewusst in eine Co-Abhängigkeit geraten, wobei besser von ‚Mit-Betroffenheit‘ gesprochen werden sollte“. Diese äußere sich oftmals darin, dass sich die Gedanken, die Gefühle sowie das Verhalten der Angehörigen ununterbrochen mit der Erkrankung des oder der Betroffenen beschäftigen und es oftmals eine sehr lange Zeit benötigt, bis Angehörige wieder bei sich selbst ankommen. „Umso mehr wird hier deutlich, wie wichtig es ist, Weiterentwicklungsmöglichkeiten der Angehörigenarbeit im Rahmen der Suchthilfe zu eruieren und ein ‚Neudenken‘ in diesem Bereich anzuregen.“

Vor allem aus den USA gäbe es wirkungsvolle Ansätze in der Arbeit mit Angehörigen, die teilweise auch in Deutschland adaptiert wurden – jedoch würden diese bisher nicht annähernd flächendeckend angewandt. „Die Adaption und praktische Umsetzung familientherapeutischer Ansätze und Konzepte muss für Deutschland Gegenstand der Wissenschaft und weiterer Forschungsvorhaben sein, insbesondere im Hinblick auf die Entwicklung von zielgruppenspezifischen Angeboten im ambulanten wie stationären Bereich der Suchthilfe.“

In ihrer Buchpublikation „Angehörigenarbeit im Rahmen der Suchthilfe. Empfehlungen für eine verbesserte Praxis“ gibt Hornig Empfehlungen für eine wirksamere Vorgehensweise und Weiterentwicklungs­möglichkeiten der Angehörigenarbeit. Darin möchte Hornig auch für eine angehörigenzentrierte Sichtweise sensibilisieren sowie aufzeigen, dass im Rahmen der Sozialen Arbeit und Suchttherapie für die bislang kaum beforschte Zielgruppe passgenaue Unterstützungsangebote notwendig sind, um zu einer erhöhten Behandlungsbereitschaft beizutragen. Das Fachbuch ist 2023 im Nomos Verlag erschienen.

Zur Person Larissa Hornig

Hornig ist wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Suchtforschung Frankfurt (ISFF) an der Frankfurt UAS und beschäftigt sich im Rahmen ihres Promotionsvorhabens derzeit weiter mit der Entwicklung adressatinnen- und adressatenorientierter Angebote für Angehörige in der Suchthilfe. Vor ihrer Tätigkeit an der Hochschule war Hornig sieben Jahre im Rahmen der stationären medizinischen Rehabilitation in der salus klinik Friedrichsdorf als Bezugstherapeutin in der Adaption tätig. Von 2019 bis 2022 absolvierte sie berufsbegleitend den Masterstudiengang „Suchttherapie und Sozialmanagement in der Suchthilfe“ an der Frankfurt UAS und erwarb zusätzlich das Zertifikat als Suchttherapeutin VT.

Gerne steht Larissa Hornig für weitere Statements und Interviews zur Verfügung.

Zum ISFF

Das Institut für Suchtforschung (ISFF) an der Frankfurt UAS wurde 1997 ins Leben gerufen von Prof. Dr. Volker Happel, Prof. Dr. Dieter Henkel und Prof. Dr. Irmgard Vogt. Es sieht seine Aufgabe darin, Sucht in ihren verschiedenen Erscheinungsformen sowie die mit Sucht in Zusammenhang stehenden Probleme und Aspekte zu erforschen. Das Institut fördert den Ausbau von interdisziplinären Beziehungen zu Kooperationspartnern auf regionaler, nationaler, europäischer und internationaler Ebene. Forschungsprozesse und -resultate sollen in Lehre und Studium Berücksichtigung finden und nutzbar gemacht werden.

Kontakt

Larissa Hornig
Telefon: +49 69 1533-4428
E-Mail: larissa.hornig(at)fb4.fra-uas.remove-this.de

Weitere Informationen zum Fachbereich Soziale Arbeit und Gesundheit der Frankfurt UAS unter www.frankfurt-university.de/fb4; mehr zum ISFF unter www.frankfurt-university.de/isff.

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[1] Projekt „Belastungen und Perspektiven Angehöriger Suchtkranker: ein multi-modaler Ansatz“ (BEPAS)
 

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