„Kinderschutzfachtag Schule“: Frankfurt UAS schult ab sofort Lehrkräfte online

Kooperation mit dem Hessischen Kultusministerium: Moodlekurse zum Thema Kinderschutz und Kindeswohlgefährdung für Lehrkräfte im hessischen Schuldienst ab diesem Schuljahr verfügbar

Pünktlich zu Beginn des neuen Schuljahres stellt die Frankfurt University of Applied Sciences (Frankfurt UAS) einen Online-Moodlekurs zum Thema Kinderschutz und Kindeswohlgefährdung für Lehrkräfte im hessischen Schuldienst bereit. Ab sofort können hessische Lehrkräfte am Online-Kurs „Kinderschutzfachtag Schule“ über die Lernplattform der Hessischen Lehrkräfteakademie teilnehmen.

Lernen am Fallbeispiel

Der Kurs ist durch die Frankfurt UAS unter Federführung von Prof. Dr. phil. Maud Nordstern (ehemals Zitelmann), Professorin für Kinderschutz und Jugendhilfe und Prof. Dr. Carola Berneiser, Professorin für Familienrecht, Kinder- und Jugendhilferecht sowie Kinderschutz, in Kooperation mit dem Hessischen Kultusministerium entwickelt worden. Ziel des Kurses ist es, Fachkenntnisse und Handlungswissen zum Thema Kindeswohlgefährdung und Kinderschutz für Schulen zu vermitteln sowie das Verständnis im Umgang mit solchen Fällen zu erweitern, insbesondere auch im Hinblick auf die Kooperation mit anderen wichtigen Institutionen. Der „Kinderschutzfachtag Schule“ ist an den Kinderschutzfachtag der Frankfurt UAS für Studierende des Bachelor-Studiengangs Soziale Arbeit und an das „Frankfurter Modell: Kinderschutz in der Lehre“ sowie die daraus resultierenden Online-Angebote angelehnt und speziell auf Lehrkräfte zugeschnitten. Er ist also die schulbezogene Erweiterung eines interdisziplinären E-Learning-Kurses, der mittlerweile bundesweit bereits an 20 Hochschulen eingesetzt wird, um Studierende der Sozialen Arbeit in den Kinderschutz einzuführen. Der Ansatz ist dabei am Fallbeispiel zu lernen, wie alle zum Wohle der Kinder zusammenwirken sollten.

Der eigens für die Lehrkräfte entwickelte Modulteil ermöglicht den Lehrkräften umfangreiche Einblicke in rechtliche Aufträge, Selbstverständnis, Handlungsweisen und Methoden der am Kinderschutz beteiligten Professionen und Institutionen. Zudem soll das Verständnis des Erlebens und der Bedürfnisse eines in seiner Familie misshandelten Kindes gefördert und die dazu begleitende Elternarbeit aufgezeigt werden. Dazu wird im Kurs ein konkretes, pseudonymisiertes Fallbeispiel aus der Schule begleitet und über verschiedene Lernstationen hinweg auf dieses Beispiel Bezug genommen. Es kommen auch Schulleitung, Kinderschutzfachkraft, Lehrkraft und das Kultusministerium zu den Schutzkonzepten gegen Gewalt und sexuellen Missbrauch der hessischen Schulen zu Wort.

Hessische Lehrkräfte können sich mit ihrer dienstlichen E-Mailadresse (nur Endungen mit schule.hessen.de sowie kultus.hessen.de) anmelden und das Kursangebot nutzen. Der Zeitbedarf für den Hauptteil des Kurses und die Bearbeitung der Lernkontrollen ist auf acht Zeitstunden ausgelegt. Darüber hinaus wird eine umfangreiche Sammlung von Materialien und weiterführenden Informationen für das ergänzende Selbststudium zur Verfügung gestellt. Die Teilnehmenden können dabei ihr Arbeitstempo selbst bestimmen. Der Kurs kann mit einem Teilnahmenachweis abgeschlossen werden.

"Kinderschutz gelingt nur interdisziplinär"

Eines ist Nordstern bei allen Bestrebungen Kinder zu schützen besonders wichtig: „Kinderschutz gelingt nur interdisziplinär – wenn alle Berufsgruppen voneinander wissen, einander wertschätzen und miteinander kooperieren. Vor allem aber braucht er einen auf das Kind gerichteten Blick – auf seine oft traumatischen Erfahrungen, sein Erleben, seine Bedürfnisse und Ängste. Das Kind muss im Zentrum stehen.“ Pädagogische Fachkräfte müssen die Anzeichen und Auswirkungen von Gewalt und Vernachlässigung und ihren Schutzauftrag sowie daraus folgende Handlungsoptionen kennen. „Aus diesem Grund ist es uns wichtig, dass im Rahmen unseres entwickelten digitalen Qualifizierungskurses auch Lehrkräfte geschult werden. Das ist ein wichtiger und zielgerichteter Schritt, um Kindesmissbrauch schneller zu entdecken und zu bekämpfen“, ergänzt Berneiser.

Kurs auch für erfahrene Lehrkräfte sinnvoll

Den Vorstoß der Regierungskoalition in Hessen, dass der Kurs künftig verpflichtend für alle Lehrkräfte im Vorbereitungsdienst werden soll, begrüßen die beiden Professorinnen ausdrücklich. „Selbstverständlich macht der Kurs auch für erfahrene Lehrkräfte großen Sinn und uns ist deshalb wichtig, dass alle hessischen Lehrer*innen ihn als Fortbildung nutzen können“, so Nordstern. Warum Lehrkräfte so wichtig sind, wenn es darum geht, Kindswohlgefährdung zu entdecken, erklärt Berneiser folgendermaßen: „Kinder gehen verpflichtend zur Schule. Lehrkräfte sind oftmals die einzigen für Kinder und Jugendliche erkennbaren Ansprechpersonen, wenn es um gravierende Probleme in ihrem Elternhaus geht. Die Schule sollte idealerweise ein Schutzraum für diese Kinder und Jugendlichen sein. Dabei ist es wichtig, dass sie auf Menschen treffen, die keine Angst vor dem Thema Kindeswohlgefährdung haben, Handlungskompetenz beweisen und die sich im interdisziplinären Agieren auskennen, um den jungen Menschen bestmöglich zu helfen.“

Zahl der Kindeswohlgefährdungen hat neuen Höchststand erreicht

Wie wichtig es ist, für dieses Thema zu kämpfen, zeigen den Professorinnen auch die neuesten Zahlen des Statistischen Bundesamtes. Die Zahl der Kindeswohlgefährdungen in Deutschland hat einen neuen Höchststand erreicht: Jugendämter haben im Jahr 2022 bei fast 62.300 Kindern oder Jugendlichen eine Kindeswohlgefährdung durch Vernachlässigung, psychische, körperliche oder sexuelle Gewalt festgestellt. Das waren rund 2.300 Fälle oder vier Prozent mehr als im Jahr zuvor. „Nur etwa ein Zehntel der Meldungen kommen trotz allgemeiner Schulpflicht aus der Schule, deshalb ist es dringend notwendig die Lehrkräfte noch mehr zu sensibilisieren und ihnen zu zeigen, wie sie professionell im Sinne der Kinder handeln können“, so Nordstern.

„Frankfurter Modell: Kinderschutz in der Lehre“

Das von Prof. Dr. Maud Nordstern und Prof. Dr. Carola Berneiser initiierte „Frankfurter Modell: Kinderschutz in der Lehre“ gilt mit seiner juristischen, medizinischen, psychologischen und sozialpädagogischen Einführung in die häufigsten Formen der Kindeswohlgefährdung bundesweit als Pilotprojekt. Es wurde teilweise mit Lehrenden der Medizinischen Fakultät der Goethe-Universität entwickelt und erhielt 2019 den renommierten HanseMerkur Kinderschutzpreis. Prof. Dr. Maud Nordstern (damals Zitelmann) erhielt bereits 2013 den Einzelpreis des Hessischen Hochschulpreises für Exzellenz in der Lehre für ihr Engagement in Lehre, Forschung und Praxis für den Schutz vor Gewalt in Familien und Institutionen.

Weitere Informationen zum Online-Modul für die Hochschullehre in einer entsprechenden Presseinfo unter: www.frankfurt-university.de/Kinderschutz-Hochschulen.

Kontakt:

Frankfurt University of Applied Sciences

Fachbereich 4: Soziale Arbeit und Gesundheit

Prof. Dr. Carola Berneiser, berneiser.carola(at)fb4.fra-uas.remove-this.de

Prof. Dr. Maud Nordstern, maud.nordstern(at)fb4.fra-uas.remove-this.de

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last updated on: 12.06.2023