Hessisches Ministerium für Digitalisierung und Innovation fördert Distr@l-Projekt von Frankfurt UAS und Sittig Technologies GmbH
An Flughäfen oder Bahnhöfen gibt es regelmäßig Durchsagen für Reisende. Die Frankfurter Firma Sittig Technologies GmbH arbeitet derzeit gemeinsam mit der Frankfurt University of Applied Sciences (Frankfurt UAS) an einem Projekt, um Ansagen automatisch in verschiedene Sprachen zu übersetzen und auf Bildschirmen, mobilen Geräten oder Apps verfügbar zu machen. Zudem sollen die Ansagen via Bluetooth direkt für Passagiere empfangbar sein.
Das Projekt „Barrierefreie digitale Passagieransagen“ wird vom Hessischen Ministerium für Digitalisierung und Innovation mit rund 245.500 Euro aus dem Förderprogramm Distr@l gefördert. Seitens der Frankfurt UAS hat Prof. Dr. Armin Lehmann vom Fachbereich Informatik und Ingenieurwissenschaften die Projekt-Leitung inne. Der Experte für Programmieren in der Informationstechnik ist stellvertretender Leiter der Forschungsgruppe für Telekommunikationsnetze und Studiengangsleiter des Master-Studiengangs Information Technology.
Mehr Teilhabe und Barrierefreiheit
„In enger Kooperation zwischen einem mittelständischen Unternehmen und einer Hochschule soll mit dem jetzt neu gestarteten Projekt mehr Teilhabe und Barrierefreiheit ermöglicht werden. Die Entwicklung veranschaulicht in beeindruckender Weise, welche innovativen Lösungen durch Distr@l entstehen können. Förderung, die ganz entscheidend unsere Zukunft gestaltet – neue Technologien, die aus Hessen heraus in die Welt gehen“, sagt Digitalministerin Prof. Dr. Kristina Sinemus.
Sittig Technologies ist seit mehr als 20 Jahren auf die Automatisierung von Ansagen spezialisiert. In einem vorherigen Projekt, das ebenfalls durch Distr@l gefördert wurde, hat das Unternehmen sein System zu einer cloudbasierten Lösung weiterentwickelt. Das automatische Ansagesystem „PAXGuide Cloud“ ist mittlerweile eine der führenden Lösungen auf dem internationalen Markt und unter anderem am Flughafen Liverpool und einem der größten US-Flughäfen im Einsatz.
Ansagen direkt an Kopfhörer, Hörgeräte oder Smartphones
Mit dem neuen Projekt soll nun zum einen ein Speech-to-Text-Modul entwickelt werden, das gesprochene Ansagen in Echtzeit erkennt und automatisch in Text umwandelt. KI-gestützte Übersetzungen ermöglichen eine Kommunikation in mehr als 140 Sprachen. Zum anderen sollen die Ansagen direkt an Kopfhörer, Hörgeräte oder Smartphones übertragen werden. Passagiere verbinden sich dazu mittels eines neuen Bluetooth-Standards, der eine Übertragung von einem Gerät auf eine unbegrenzte Anzahl von Geräten ermöglicht, gezielt mit einem Kanal und erhalten so für sie relevante Informationen direkt ins Ohr, unabhängig von Durchsagen oder Umgebungslärm. Die neue Bluetooth-Technik sowie dynamisches Routing der Audiokanäle ermöglichen einen großflächigen Einsatz.
„Die Vision des Distr@l-geförderten Projekts ist es, durch innovative, KI-gestützte Lösungen die Kommunikation an öffentlichen Orten barrierefrei, effizient und personalisiert zu gestalten. Dabei sollen modernste Technologien wie Echtzeit-Transkription, mehrsprachige Übersetzungen und drahtlose Audioübertragung dazu beitragen, die Nutzererfahrung weltweit zu verbessern“, erläutert Prof. Dr. Lehmann. „Ziel ist es, Menschen unabhängig von Umgebung und Sprache eine reibungslose und zugängliche Informationsvermittlung zu ermöglichen.“
Neueste wissenschaftliche Erkenntnisse fließen direkt in die Entwicklung
Neben Flughäfen und Bahnhöfen sehen die Projektverantwortlichen auch Einsatzmöglichkeiten für Messegelände, Sportstätten oder Einkaufszentren. Als Kooperationspartner von Sittig Technologies bringt die Frankfurt UAS fundiertes wissenschaftliches Know-how in den Bereichen barrierefreie Kommunikation, User Experience und KI-gestützte Spracherkennung ein. Die Hochschule unterstützt das Projekt insbesondere bei der Grundlagenforschung und -entwicklung in den ersten zwölf Monaten. „Die Zusammenarbeit mit unserer Hochschule stellt sicher, dass neueste wissenschaftliche Erkenntnisse direkt in die Entwicklung einfließen“, so Lehmann. Insgesamt läuft das Projekt bis zum 30. September 2026.
„Das Förderprojekt ermöglicht uns, eine barrierefreie Kommunikationslösung für Passagiere mit Einschränkungen zu entwickeln. Bislang gibt es am Markt keine wirklich überzeugenden Ansätze – Inklusion findet vielerorts nur auf dem Papier statt. Mithilfe neuer KI- und Bluetooth-Technologien schaffen wir eine Lösung, die echte Teilhabe ermöglicht – für alle, unabhängig von Sprache oder Hörvermögen“, erläutert Johannes Sittig, Geschäftsführer der Sittig Technologies GmbH.
Weitere Informationen zum Projekt gibt es auf der Plattform LIDIA: https://www.lidia-hessen.de/projekte-entdecken/barrierefreie-digitale-passagieransagen/?mode=list&q=sittig
Zur Forschung von Prof. Dr. Lehmann
Prof. Dr. Armin Lehmann ist stellvertretender Leiter der Forschungsgruppe für Telekommunikationsnetze, die Leitung hat Prof. Dr.-Ing. Ulrich Trick. Das Team forscht an zukünftigen Mobilfunknetzen (z.B. 6G) und deren Abbildung als digitale Zwillingsnetze sowie an Lösungen unter Einsatz von vermaschten WLAN-Knoten (WLAN Mesh Network), um z.B. ein Netz für Telekommunikation in Katastrophenfällen bzw. -gebieten zu ermöglichen. Die Gruppe betreibt für ihre Forschung auch ein eigenes 5G-Campusnetz an der Hochschule.
Hintergrundinformationen zu Distr@l
Das Förderprogramm Distr@l ist Ende 2019 gestartet. Distr@l ist auf Forschungs- und Entwicklungsprojekte ausgerichtet, die signifikant den Stand der Technik erhöhen. Distr@l ist mit vier Förderlinien branchen- und themenübergreifend aufgestellt, um die digitale Transformation in Wirtschaft und Gesellschaft zielgruppenorientiert zu ermöglichen. Das Distr@l-Fördervolumen beträgt 55 Millionen Euro für die Jahre 2020 bis 2025. Bisher wurden insgesamt 152 Projekte mit einem Gesamtvolumen von knapp 46 Millionen Euro zur Förderung ausgewählt; weitere rund 26 Millionen Euro werden durch die Wirtschaft zur Kofinanzierung der Projekte zusätzlich bereitgestellt.