Kalkidan Gebrelibanos Solomon studiert seit einem Jahr Mechatronik an unserer Hochschule, nachdem sie aus ihrem Heimatland flüchten musste. Neben dem Studium hilft sie als Dolmetscherin Menschen mit Behinderung, die nach Deutschland kommen. In unserer Interview-Reihe „Besondere Persönlichkeiten” erzählt sie, warum sie so motiviert ist und was sie für sich selbst daraus gelernt hat.
Kurz zu Ihrer Person: Was studieren Sie und was ist Ihr persönlicher Hintergrund?
Mein Name ist Kalkidan Gebrelibanos Solomon, ich komme aus Äthiopien und studiere seit einem Jahr Mechatronik an der Frankfurt UAS. In Äthiopien musste ich mein Studium wegen des Bürgerkriegs unterbrechen und bin 2021 nach Deutschland geflüchtet. Nach dem Studienkolleg habe ich mein Studium hier begonnen. Ich bin die Erste in meiner Familie, die einen akademischen Weg eingeschlagen hat.
Neben dem Studium sind Sie als ehrenamtliche Dolmetscherin für Menschen mit Behinderung tätig. Wie kamen Sie dazu?
Ich engagiere mich ehrenamtlich als Dolmetscherin für Menschen mit Behinderung, weil ich die Situation gut nachvollziehen kann: Wer in einem neuen Land lebt, hat zunächst große Sprachbarrieren. Für Menschen mit körperlichen oder psychischen Beeinträchtigungen ist das noch schwieriger. Ich möchte dazu beitragen, ihre Belastung etwas zu verringern. Schon in Äthiopien war ich seit meiner Schulzeit ehrenamtlich aktiv – besonders an der Universität. Dort habe ich gelernt, dass anderen Menschen zu helfen eine der schönsten Erfahrungen im Leben ist.
Was fasziniert oder begeistert Sie an dieser Tätigkeit am meisten?
Mich begeistert am meisten, wenn Missverständnisse aufgelöst werden und Menschen ihre Gedanken und Gefühle frei ausdrücken können. Zu sehen, dass Kommunikation wieder möglich wird, motiviert mich sehr.
Wie lässt sich Ihre Tätigkeit mit Studium, Lehre oder Berufsalltag an der Frankfurt UAS verbinden?
Meine ehrenamtliche Tätigkeit kollidiert meisten nicht mit meinem Studium oder Alltag, da ich die Termine immer außerhalb meiner Vorlesungs- oder Arbeitszeiten lege. Sollte es doch Überschneidungen geben, versuche ich sie rechtzeitig zu kompensieren – zum Beispiel, indem ich Termine verschiebe oder meine Aufgaben besser plane.
Gab es einen besonderen Moment oder ein Erlebnis, das Ihnen besonders im Gedächtnis geblieben ist?
Ein besonders schöner Moment war, als ich einer Familie helfen konnte, wichtige medizinische Informationen zu verstehen. Man hat sofort gespürt, wie erleichtert sie waren. Dieses Erlebnis hat mir gezeigt, wie wertvoll Sprache für Vertrauen und Sicherheit ist – und wie groß der Unterschied sein kann, wenn man verstanden wird.
Was haben Sie durch Ihre Tätigkeit (für sich persönlich) gelernt oder mitgenommen?
Durch meine Tätigkeit habe ich gelernt, geduldiger zu sein und mich besser in andere Menschen hineinzuversetzen. Ich habe auch meine Kommunikationsfähigkeit verbessert und gemerkt, wie wichtig es ist, aufmerksam zuzuhören. Außerdem habe ich für mich mitgenommen, dass auch kleine Übersetzungen für andere Menschen eine große Bedeutung haben können. Das gibt mir Motivation und stärkt auch mein Selbstvertrauen.
Welche Reaktionen bekommen Sie aus Ihrem Umfeld – z. B. von Kommiliton*innen oder Freund*innen?
Die Reaktionen in meinem Umfeld sind überwiegend sehr positiv und motivierend. Einige enge Freunde hatten zunächst die Sorge, dass mein Engagement meine Studienleistung beeinträchtigen könnte. Doch das Gegenteil ist der Fall: Die Arbeit gibt mir Energie und stärkt sogar meine Leistungsfähigkeit.
Welche Tipps würden Sie anderen mitgeben, die etwas Ähnliches starten oder sich engagieren möchten?
Mein Tipp ist: einfach anfangen! Wir sollten uns gegenseitig helfen, denn nur gemeinsam können wir wirklich stark sein. Ehrenamtliche Arbeit wirkt sich nicht nur positiv auf andere aus, sondern auch auf das eigene Wohlbefinden – und sie lässt sich gut mit Studium oder Beruf vereinbaren.
