Kinder, die an Schultagen weniger als acht Stunden schlafen, leiden häufiger unter Konzentrationsproblemen. Auch weisen sie ein erhöhtes Risiko auf, sich im Schulkontext zu verletzen. Zu diesem Ergebnis kommt eine Analyse des Forschungszentrums Demografischer Wandel (FZDW) der Frankfurt University of Applied Sciences (Frankfurt UAS). Die Wissenschaftler/-innen werteten hierfür Daten aus, die sie im Rahmen ihrer Längsschnittstudie „Gesundheitsverhalten und Unfallgeschehen im Schulalter“ (GUS) erhoben haben. In der GUS-Studie, die von der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (DGUV) gefördert wird, werden rund 10.000 Schüler/-innen an zirka 150 weiterführenden Regelschulen seit der 5. Schulklasse jährlich nach erlittenen Verletzungen im schulischen Umfeld, nach ihrem Gesundheitszustand und -verhalten, aber auch nach mentalen Gesundheitsproblemen und ihrem Schlafverhalten befragt. Dabei wird in der Studie die wiederholte Teilnahme derselben Schüler-/innen angestrebt, um die individuelle Entwicklung verfolgen zu können. Mittlerweile liegen die Ergebnisse der ersten vier Erhebungen vor.
Zu allen vier Befragungszeitpunkten wurden die Schüler/-innen gebeten anzugeben, wann sie an Schultagen für gewöhnlich ins Bett gehen und am Morgen wieder aufstehen. Auf diese Weise können die Forscher/-innen für jedes Schulkind die individuelle Schlafdauer an Schultagen berechnen. Dabei wird ersichtlich, dass sich die mittlere Schlafdauer der Heranwachsenden innerhalb eines Zeitraums von drei Jahren um eineinhalb Stunden verringert hat: Schliefen die Kinder im Alter von etwa 11 Jahren (5. Jahrgangsstufe) im Mittel noch rund 9 Stunden und 45 Minuten, so waren es in der 8. Jahrgangsstufe lediglich noch 8 Stunden und 15 Minuten. Das liegt im Wesentlichen daran, dass in der 5. Jahrgangsstufe noch weit mehr als die Hälfte der befragten Schüler/-innen (57 Prozent) angab, vor 21 Uhr ins Bett zu gehen. Drei Jahre später waren es nur noch etwas mehr als sechs Prozent.
Auch wenn die „richtige“ Schlafdauer von Kind zu Kind verschieden ist, so sieht eine Empfehlung der National Sleep Foundation für den Großteil der Heranwachsenden in der Altersgruppe der 11- bis 14-Jährigen, die die GUS-Studie betrachtet, eine optimale Schlafdauer von mindestens acht Stunden vor. Während in der 5. Jahrgangsstufe noch 98,5 Prozent der befragten Schüler-/innen eine solche Schlafdauer aufweisen, waren es drei Jahre später nur noch rund 70 Prozent.
Die GUS-Daten zeigen zugleich, wie sich zu wenig Schlaf auf die Heranwachsenden auswirkt. So gab in der 8. Jahrgangsstufe von jenen befragten Schülerinnen und Schülern, die an Schultagen weniger als acht Stunden schlafen, mehr als jedes dritte Schulkind (37,8 Prozent) an, in der vorangegangenen Woche an mehr als zwei Tagen Konzentrationsprobleme gehabt zu haben. Bei jenen Schülerinnen und Schülern, die acht Stunden oder mehr schlafen, beträgt der entsprechende Wert dagegen lediglich 24,0 Prozent. Zu wenig Schlaf geht auch mit einem erhöhten Risiko einher, sich im schulischen Umfeld zu verletzen: Schüler-/innen, die an Schultagen mindestens acht Stunden schlafen, berichteten zu 19,2 Prozent, sich innerhalb der letzten 12 Monate im Schulkontext verletzt zu haben – also z.B. im Schulsport, auf dem Schulhof oder auf dem Schulweg. Heranwachsende, die weniger als acht Stunden schlafen, weisen hingegen mit 24,6 Prozent einen signifikant höheren Wert auf.
„Unsere Daten zeigen ein sehr klares Bild: Zu wenig Schlaf wirkt sich negativ auf die Schulkinder aus“, bilanziert der Direktor des FZDW und Studienleiter Prof. Dr. Andreas Klocke. Die Forscher/-innen bringen mit einem späteren Schulbeginn eine Möglichkeit ins Spiel, die Schlafzeit der Schüler/-innen zu erhöhen. Eine Studie in den USA habe jüngst gezeigt, dass Jugendliche tatsächlich länger schlafen (und nicht später ins Bett gehen), wenn die Schule später startet. In den verbleibenden beiden Erhebungen möchte das Team herausfinden, ob ein späterer Schulbeginn auch im Sinne der Schulkinder ist. Hierfür werden sie mit zwei Fragen konfrontiert, die erfassen sollen, welche Unterrichtszeit die Jugendlichen bei sechs bzw. acht Stunden Unterricht bevorzugen würden. „Wahrscheinlich möchten die meisten Jugendlichen am frühen Schulbeginn festhalten, um am Nachmittag mehr Freizeit zu haben“, vermutet Dr. Sven Stadtmüller, Wissenschaftlicher Mitarbeiter am FZDW. „Gleichzeitig ist es aber auch denkbar, dass es sich gerade bei Jugendlichen, die eher zu den Spätaufstehern zählen oder die einen weiten Schulweg zurücklegen müssen, anders verhält.“ Mit den Ergebnissen wird im Juni 2019 gerechnet.
Kontakt:
Frankfurt University of Applied Sciences
Forschungszentrum Demografischer Wandel (FZDW)
Dr. Sven Stadtmüller
Tel.: +49 69 1533-3187
sven.stadtmueller(at)fzdw. de
Prof. Dr. Andreas Klocke
Tel.: +49 69 1533-2187
andreas.klocke(at)fzdw. de
Mehr zur Längsschnittstudie Gesundheitsverhalten und Unfallgeschehen im Schulalter (GUS) unter: https://fzdw.de/projekte/gus/. Die ausführliche Analyse findet sich im aktuellen Newsletter Nr. 8 zum GUS-Projekt unter https://fzdw.de/projekte/gus/newsletter.
Das Forschungszentrum Demografischer Wandel (FZDW):
Das Forschungszentrum Demografischer Wandel (FZDW) an der Frankfurt University of Applied Sciences untersucht mit einem interdisziplinären Zugang die Folgen und Herausforderungen des demografischen Wandels. Hintergrund ist die niedrige Geburtenrate und die gleichzeitige Steigerung der Lebenserwartung in Deutschland. Dies hat schon in naher Zukunft eine deutliche Alterung und später auch eine Schrumpfung der Bevölkerung zur Folge. Die Konsequenzen dieser Entwicklung sind vielfältig und zeigen sich zuvorderst auf der kommunalen Ebene. Das FZDW möchte anwendungsbezogen wissenschaftliche Beiträge zur Gestaltung und Bewältigung der Herausforderungen des demografischen Wandels in Hessen und in Deutschland aufzeigen.
Weitere Informationen zum FZDW unter: www.fzdw.de.