Lange, fadenartige Strukturen, die ähnlich zu Baumwurzeln große Geflechte bilden. In der Natur ist das Myzel der oft eher unsichtbare, aber größte Teil des Pilzes. In der Architektur sollen auf Basis von Pilzmyzel nachhaltige Baustoffe entstehen, die günstig und kompostierbar sind. Seit ein paar Jahren werden Ideen rund um den besonderen Rohstoff vielerorts getestet. Auch von Studierenden an der Frankfurt UAS. Die Ausstellung „Bauen mit Myzel“ zeigt vom 11. bis 20. Juni 2025 ihre Ergebnisse.
„MyGlu“ als Highlight
„Uns hat überrascht, wie pflegeleicht der Pilz ist“, erzählt Architektur-Student Marc-Philipp Wohlan rund zwei Wochen vor Beginn der Ausstellung vor dem Zelt, in dem gerade erst ihr Highlight, der „MyGlu“ zusammengewachsen ist. Unterstützt von den Forschungsgruppen ReSULT und ReNewHub verantworten neun Studierende des Master-Studiengangs Architektur das Objekt. Die Kuppel hat einen Durchmesser von rund zwei Metern und ist ein Meter hoch. Entstanden ist sie zunächst als parametrisches 3D-Modell am Computer aus Bauteilen weniger Einzelformate, bevor nach diesem Entwurf in selbst erstellten Schalungskörpern Myzelien einer Baumpilzart auf Substrat gewachsen sind. Die Studierenden können dabei bereits auf erste Erfahrungen aus dem zuvor besuchten Seminar zurückgreifen.
Seminar mit Material, das in Form wächst
Im Wintersemester 2024/25 setzten sich 22 Master-Studierende im Seminar „MyCel – Bauen mit Myzel“ von Prof. Dr.-Ing. Florian Mähl, Professor für Tragwerklehre, Baukonstruktion und Bauphysik, mit der Biologie, den Wachstumsprozessen der Baumpilzart auseinander und testeten in Objektstudien seine Einsatzmöglichkeiten für bauliche Anwendungen. Eine besondere Herausforderung, denn wer mit dem Rohstoff Myzel baut, muss das Material in Form wachsen lassen. So mussten die Studierenden die Pilzsporen eines Züchters, die schon für die Herstellung von Verpackungen verwendet werden, auf Holzabfällen gemischt mit Wasser kultivieren und optimale Bedingungen für das Myzel-Wachstum schaffen. Wärme stoppt schließlich Wachstum und lässt das Material aushärten.
Schimmelpilze unerwünscht
Im Seminar verfolgten die Teilnehmenden unterschiedliche Fragestellungen, um zu erproben, wie man mit Pilzmyzelien gestalten kann. Etwa: Welche Mischungen mit Bau- und Abbruchabfällen sind möglich? Oder wie erhält man lichtdurchlässige Elemente? Die Herausforderung sei gewesen, dies ohne perfekte Laborbedingungen zu schaffen, sagt Professor Florian Mähl. So durften sich nicht unerwünschte Schimmelpilze auf dem Material ansiedeln oder die Pilze Fruchtkörper bilden, also das, was man oberirdisch als Pilz sprießen sieht. „Für mich ist das aus dem Seminar entstandene Projekt „MyGlu“ und die Herangehensweise der Studierenden angewandte Wissenschaft at its best“, zieht Mähl Bilanz.
Entstanden sind im Seminar unter anderem Objekte wie eine Leuchte aus Pilz und ein bewachsener Vorhang, die in der Ausstellung neben dem „MyGlu“ zu sehen sind. Das Best-Practice-Projekt vereint einige Elemente der Vorstudien, wie etwa ein Myzel-Fenster und eine Fügetechnik durch Myzel. „Wir nutzen hier die natürlichen Wachstumsprozesse des Pilzes, um Verbindungen zwischen den einzelnen Bauteilen herzustellen“, erklärt Mähl. Und auch hier gab es noch eine Erkenntnis: „Der Pilz verzeiht kleine Ungenauigkeiten beim Ausschneiden der Bauteile“, so Student Wohlan.
Ausstellung: 11. bis 20. Juni 2025
Öffnungszeiten: Montag bis Samstag, 6:00 bis 22:00 Uhr
ReNewTalk zum Thema „Bauen mit Myzel“ am Mittwoch, 18.06.2025, 19 Uhr im Cafe 1 in Gebäude 1, Eintritt frei.
Ort: Frankfurt University of Applied Sciences, Nibelungenplatz 1, 60318 Frankfurt am Main, Gebäude 1, Foyer
Eintritt frei. Führungen nach individueller Vereinbarung möglich