Projekte, Pitches, Panel: Frankfurt UAS war Gastgeberin für besondere Geburtstagsfeier des House of Energy e.V.
Energiewende ist Teamplay – das beweist das House of Energy e. V., Denkfabrik für die Energiewende, seit zehn Jahren. Die Frankfurt UAS ist aktives Mitglied in diesem Netzwerk für Forschung und Wissenschaft, daher war die Hochschule kürzlich Gastgeberin des EnergieSalons des House of Energy, einer Veranstaltung mit spannendem fachlichen Austausch und inspirierenden Begegnungen, organisiert und moderiert von Annette Funke, Bereichsleiterin für Transfer und Start-ups. Es gab ein abwechslungsreiches Programm mit Vorträgen von Professor*innen der Frankfurt UAS, Pitches von Studierenden und eine Podiumsdiskussion zu Energiethemen, an der auch Prof. Dr. Kristina Sinemus, Hessische Ministerin für Digitalisierung und Innovation, teilnahm.
In vier Fachimpulsen präsentierten Forschende der Hochschule aktuelle Projekte:
Grüner Wasserstoff als erneuerbarer Energiespeicher – von der Forschung zur technischen Anwendung | Prof. Dr.-Ing. Enno Wagner
Grüner Wasserstoff wird oft als wegweisend für die Energiewende gesehen, da er überschüssige erneuerbare Energie langfristig speicherbar macht. Prof. Dr.-Ing. Enno Wagner, Professor für Mechatronische Konstruktion und Technische Mechanik, arbeitet daran, die Lücke zwischen Forschung und praktischer Anwendung zu schließen. Sein Team entwickelt in einem von der hessischen Landesregierung geförderten Projekt kostengünstige Elektrolyse- und Kompressionssysteme, die Wasserstoff aus Solarstrom erzeugen, unter Druck speichern und für Haushalte oder kleine Betriebe nutzbar machen.
Die Vorteile liegen auf der Hand: Wasserstoff ist emissionsfrei, vielseitig einsetzbar und ermöglicht eine saisonale Speicherung, die Batterien nicht leisten können. Herausforderungen bestehen jedoch in hohen Investitionskosten, der Effizienz der Elektrolyse, der sicheren Speicherung sowie dem Aufbau einer geeigneten Infrastruktur. Wagners Ansatz zielt darauf ab, diese Hürden durch modulare, dezentrale Lösungen zu überwinden und so die Nutzung von grünem Wasserstoff im Alltag zu etablieren.
Biomethan aus Abfallstoffen: Herausforderungen und Lösungen am Beispiel von Adsorptionsanwendungen | Prof. Dr.-Ing. Niklas Döring
Prof. Dr.-Ing. Niklas Döring erforscht in seiner Forschungsgruppe ERPI (Energie- und Ressourceneffizienz in der Prozessindustrie) die Nutzung von Biomethan aus organischen Abfallstoffen – unter anderem durch den Einsatz moderner Adsorptionsverfahren. In seinem verfahrenstechnischen Technikum werden Druckwechsel- (PSA) und Temperaturwechsel-Adsorption (TSA) experimentell untersucht, um Biomethan wirksam von unerwünschten Komponenten wie CO₂ und anderen Begleitgasen zu trennen.
Ein zentrales Ziel ist, effiziente und energieoptimierte Adsorptionsprozesse zu entwickeln. Dazu kommen selbst entwickelte mechanistische, d.h.physikalisch begründete Modelle zum Einsatz, welche die Ad- und Desorptionskinetiken und das thermodynamische Gleichgewicht beschreiben und so Aussagen über den industriellen Prozess ermöglichen. Die Herausforderung liegt in der effizienten Separation bei gleichzeitig hoher Ausbeute an Produkt, niedriger Energieaufnahme und gleichzeitig geringen Investitionskosten.
Learning from the Past: Suffizienzstrategien in Gebäuden | Prof. Anja Willmann
Prof. Anja Willmann, Professorin für Energiedesign und -simulation, analysierte in ihrem Vortrag „Learning from the Past: Suffizienzstrategien in Gebäuden“ traditionelle und passive Bauweisen mit dem Blick darauf, wie frühere Generationen durch kluge Materialwahl, baukulturelle Gestaltung und bauliche Pufferzonen effizient mit Klima und Ressourcen umgingen.
Sie plädierte dafür, diese historisch bewährten Strategien – von natürlichen Lüftungssystemen über solare Ausrichtung bis zu regionalen Baustoffen – in zeitgemäße Architekturen zu integrieren, um den Energiebedarf nachhaltig zu senken.
Material + Form: Gestaltungspotentiale organischer PV-Bauteile | Prof. Dr.-Ing. Timo Carl
Prof. Dr.-Ing. Timo Carl, Professor für Digitales Entwerfen und Konstruieren und Mitglied der Forschungsgruppe ReSULT (Research Lab for Sustainable, Lightweight Building Technologies), erforscht die Schnittstelle von Materialwissenschaft, Fertigungsprozessen und Design im Kontext organischer Photovoltaik (OPV). Der Forschungsansatz zielt darauf ab, die spezifischen Eigenschaften organischer Solarzellen – insbesondere Flexibilität, Transparenz und geringes Gewicht – als gestalterische und ressourcenschonende Potenziale systematisch nutzbar zu machen.
Durch die Kombination experimenteller Materialuntersuchungen mit algorithmischer Optimierung können OPV-Module in räumlich ausgesteifte, transparente Trägersysteme integriert werden. Eine durchgängige digitale Prozesskette ermöglicht dabei eine individualisierbare, qualitativ hochwertige Gestaltung dieser Energiebauteile bei gleichzeitig minimalem Primärenergiebedarf.
Hinzu kamen innovative Pitches von Studierenden und Start-ups aus dem Projekt genesis, in welchem das House of Energy hessische Green Energy Start-ups unterstützt. Mit dabei: Lisa Bergthold, die zusammen mit Prof. Dr.-Ing. Timo Carl das Projekt Solar Loops vorstellte. Das solaraktive Sonnensegel ist eine experimentelle Leichtbaukonstruktion mit organischen Photovoltaik-Materialien.
Gefordert: Ganzheitliche Klimastrategie mit klaren Zielen
In der anschließenden Diskussion „Energie neu denken – Nachhaltige Energiesysteme im Spannungsfeld von Innovation, Praxis und Regulierung“ waren folgende Expert*innen vertreten:
- Prof. Dr. Kristina Sinemus, Hessische Ministerin für Digitalisierung und Innovation
- Prof. Dr. Kai-Oliver Schocke, Präsident Frankfurt UAS
- Dr.-Ing. Sanaa Wendling, Referentin für nachhaltiges Energiemanagement und Bauen, Stabsstelle Nachhaltigkeit, Frankfurt UAS
- Dr. Falko Marx, Circular Metal Energy
Dr. Falko Marx, Gründer des Start-ups Circular Metal Energy, machte deutlich, dass die häufig wechselnden regulatorischen Vorgaben die praktische Umsetzung erheblich erschweren. Unter solchen Bedingungen seien wegweisende Innovationsentscheidungen kaum realisierbar, da Planungssicherheit fehle und Investitionen mit hohen Risiken verbunden seien.
Digitalministerin Prof. Dr. Kristina Sinemus, die selbst einmal ein Start-up gegründet hat, möchte an der Schnittstelle zur digitalen Transformation unterstützen. Sie verwies auf die Datenbank LIDIA, in der digitale Innovationen aus Hessen zu finden sind und auch Förderprojekte dargestellt werden. Besonders hervorgehoben wurde, dass die Digitalwirtschaft in Hessen die Pharmabrache in den letzten Jahren im Umsatz bereits überholt hat.
Dr. Sanaa Wendling von der Stabsstelle Nachhaltigkeit der Frankfurt UAS erläuterte auf die Frage ‚Mit welcher Strategie können wir in Hessen Klimaneutralität erreichen?‘ drei zentrale Handlungsfelder: Minimieren, Substituieren und Kompensieren. Sie empfahl, diese in einer ganzheitlichen eigenen Klimastrategie umzusetzen, die klare Zwischen- und Endziele definiert, gesetzlich vorgeschriebene sowie wirtschaftlich empfohlene Maßnahmen priorisiert und idealerweise in ein Managementsystem integriert ist.


