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Engagement durch Sport: Bildung, Werte und globale Perspektiven

Jérôme Hilper leitet den CampusSport der Frankfurt UAS – und lebt seine Leidenschaft für den Sport auch weit über den Hochschulalltag hinaus. Ob als Demokratietrainer, Referent für die deutsche Sportjugend oder in internationalen Projekten von GIZ, DFB und DOSB: Er nutzt den Sport als Werkzeug für Bildung, Zusammenhalt und gesellschaftliche Entwicklung. In unserer neuen Serie "besondere Persönlichkeiten" berichtet er von seinen Erfahrungen zwischen Frankfurt und der Welt, von Begegnungen, die ihn geprägt haben, und von der besonderen Kraft, die Sport entfalten kann.

Lieber Herr Hilper, was machen Sie außerhalb Ihres Hochschulalltags? Was ist Ihre besondere Aktivität – und wie sind Sie dazu gekommen?
Ich engagiere mich sehr intensiv ehrenamtlich, vor allem im Bereich Jugendsport. Zum Beispiel bin ich Demokratietrainer für Konfliktmanagement im Sport, Sozialreferent für die Sozialstiftung des Hessischen Fußballverbands und als Referent für die deutsche Sportjugend in verschiedenen Funktionen tätig. Sport war schon immer ein wichtiger Teil meines Lebens – und irgendwann habe ich erkannt, dass Teamsport weit mehr ist als nur Bewegung und Wettbewerb.

Nelson Mandela sagte einst: "Sport hat die Kraft, die Welt zu verändern. Er hat die Kraft zu inspirieren. Er hat die Kraft, Menschen auf eine Weise zu vereinen, wie es kaum etwas anderes vermag." Das kann ich nur bestätigen. Man lernt unglaublich viel über sich selbst, über Persönlichkeit, Zusammenleben und Konflikte. Diese gruppendynamischen Prozesse haben meinen Blick auf das Leben verändert – und mich stark geprägt, auch in meinem Studium und Berufsleben. Heute bin ich sehr glücklich, dass ich als Leiter des Hochschulsports genau in diesem Schnittfeld von Bildung und Sport tätig sein darf.

Sie engagieren sich auch international – wie sieht das konkret aus? 
Richtig, ich arbeite meist ein bis zweimal im Jahr in Projekten der Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) in Kooperation mit dem Deutschen Fußball-Bund (DFB) und dem Deutschen Olympischen Sportbund (DOSB). Das Ziel ist es, Sport als alternatives Bildungstool einzusetzen – insbesondere im Globalvorhaben von „Sport for Development“, denn Sport wird überall verstanden. Damit möchten wir weltweit Werte vermitteln, denn Sport bewegt und verbindet Menschen auf der ganzen Welt – über alle sozialen, wirtschaftlichen und regionalen Grenzen hinweg.

In welchen Ländern waren Sie bisher tätig – und mit welchen Zielen?
Ich war unter anderem in Pakistan, Tadschikistan, der Republik Moldau, Kenia, Tansania, Südafrika, Benin, Marokko, Tunesien, Brasilien und weiteren Ländern. Jedes Projekt hat einen anderen Schwerpunkt – in Moldau zum Beispiel ging es um das Thema „Employability“, also berufliche Eingliederung. Die Jugendarbeitslosigkeit dort ist hoch und durch Sport in Jugendzentren versuchen wir, junge Menschen zu motivieren, ihre schulische Laufbahn fortzusetzen. In Pakistan wiederum ging es um Geschlechtergerechtigkeit. Dort spielen Mädchen und Jungen oft nicht miteinander – einfache Spiele wie „Kettenfangen“ werden durch kulturelle Barrieren erschwert. Sport wird hier als Ansatz genutzt, um Verständnis, Respekt und Miteinander zu fördern. In Tadschikistan lag der Schwerpunkt wiederum darauf, die Zusammenhänge zwischen Ernährung, Hygiene und der Gesundheit im Allgemeinen zu beleuchten. Jedes Land hat andere Herausforderungen zu meistern, was meine Aufgabe so interessant macht: Jedes Mal muss ich neue Wege finden, um Sport mit Bildung zu koppeln.  

Wie wird Ihre Arbeit vor Ort angenommen?
Sehr positiv. Ich bilde vor allem Fachkräfte weiter – Lehrkräfte, Sozialarbeiter*innen, Psycholog*innen und Trainer*innen. Dabei ist es mir wichtig, nicht zu missionieren, sondern Alternativen aufzuzeigen. Es geht nicht darum, Kulturen infrage zu stellen, sondern neue Sichtweisen anzubieten und das funktioniert durch Hören, Sehen und spielerisches Erleben. Entscheidend ist hierbei das Erlebnis: Wenn Kinder oder Jugendliche erleben, dass ein Mädchen genauso schnell laufen oder gut spielen kann wie ein Junge, beginnen sie, ihre bisherigen Überzeugungen zu hinterfragen. Genau darum geht es: Denkanstöße zu geben, die Entwicklung anstoßen.

Sie haben dadurch viele Länder kennengelernt – wie vereinbaren Sie das mit Ihrer Arbeit hier?
Das war anfangs nicht einfach. Beim ersten Projekt habe ich unbezahlten Urlaub genommen. Heute nutze ich meinen regulären Urlaub dafür – das ist manchmal ein Kompromiss mit der Familie, aber diese Arbeit gibt mir sehr viel zurück. Ich lerne neue Kulturen kennen, neue Menschen, neue Perspektiven. Das ist für mich persönlich extrem bereichernd.

Gibt es Erlebnisse, die Ihnen besonders in Erinnerung geblieben sind?
Ja, viele. Aber besonders ist es, wenn ich Kontakt zu Teilnehmenden halte, die sich stark weiterentwickelt haben. In Benin zum Beispiel haben wir einen jungen Mann geschult, der vorher arbeitslos war. Heute arbeitet er in leitender Funktion für den nationalen Sportverband. Solche Geschichten zeigen: Der Samen, den wir setzen, kann aufgehen – wenn die persönliche Motivation stimmt und die Strukturen vor Ort nachhaltig sind. Das ist unglaublich erfüllend.

Was haben Sie persönlich aus all dem mitgenommen?
Ich habe gelernt, wie privilegiert wir hier in Deutschland leben. Und dass viele Probleme, die wir global haben, sich durch Bildung lösen lassen – nicht nur durch Fachwissen, sondern durch soziale Kompetenzen. Der spielerische Ansatz von „Sport for Development“ ermöglicht genau das: Empathie, Teamfähigkeit, kritisches Denken. Menschen, die sich für Mitmenschen interessieren, sind ein Gewinn für jede Gesellschaft.

Wie reagieren Freunde und Kolleg*innen auf Ihr Engagement?
Unterschiedlich. Einige sind neidisch auf meine Reisen und die Erfahrungen. Andere fragen sich, wie ich das mit der Familie vereinbare. Und manche, die den Sportkontext nicht kennen, verstehen den Ansatz zunächst nicht – sie halten andere Probleme für wichtiger. Aber wer einmal selbst Sport im Team erlebt hat, weiß, welche Kraft darin steckt.

Zum Abschluss: Welche Tipps haben Sie für andere, die sich engagieren wollen?
Fangt einfach an! Es gibt viele Vereine und NGOs, die Unterstützung brauchen – gerade in Deutschland. Die Vereinslandschaft lebt vom Ehrenamt, aber viele Positionen bleiben unbesetzt. Wer sein Wissen und seine Empathie weitergeben möchte, kann in der Jugendarbeit viel bewirken. Und wer sich für „Sport for Development“ interessiert, findet auf den entsprechenden Websites eine Menge Material: Trainingshandbücher, Fortbildungen, Online-Communities. Es ist ein wachsendes globales Netzwerk mit über 90.000 geschulten Kindern und ca. 1.500 ausgebildeten Trainer*innen weltweit.

 

Zentrale WebredaktionID: 13137
letzte Änderung: 23.11.2023