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Viele Wege führen zur glücklichen queeren Familie – lebenspraktische Einblicke zum IDAHOBITA 2025

Fachveranstaltung fand unter dem Titel „Queering Family – zwischen liebender Praxis und diskriminierendem Recht“ statt.

Wir haben 7,5 % studierende Eltern, 15 % pflegen und unterstützen Angehörige nahebei oder in der Ferne, 10-12 % bezeichnen sich als LGBTIQ+, 0,4 % geben divers an und 3 % machen keine Aussage zu ihrem Geschlecht. Gute Gründe, die Vielfalt unserer Studierenden zu feiern und ihnen Gelegenheiten zum Feiern zu geben, z. B. anlässlich des IDAHOBITA. Seit 2008 begeht unsere Hochschule den  Internationalen Tag gegen Homo-, Bi-, Inter-, Trans- & Asexuellenfeindlichkeit (IDAHOBITA) mit eigenen Veranstaltungen.

In einer politischen Umgebung, die u. a. in Kauf nimmt, dass die politisch gewollte Sprachpolitik (Verbot von Sonderzeichen wie Gendersternchen) der Schikane queerer Lernender und Lehrender an Schulen wieder Tür und Tor öffnet, ist dieser Rückblick aktueller und unsere IDAHOBITA-Tradition notwendiger denn je.

Eine Arbeitsgruppe aus Mitarbeitenden, Lehrenden und AStA der Frankfurt UAS, des Amtes für Multikulturelle Angelegenheiten und des vom LSVD⁺ – Verband Queere Vielfalt hat sich in diesem Jahr zum Ziel gesetzt, die Menschen zu ermutigen, über eine eigene Familie positiv nachzudenken, ihnen ein How-To an die zu Hand geben, Fachkräfte in Bildungswesen, Familiensozialarbeit und Queerberatung weiterzubilden sowie ihnen allen Austausch und Vernetzung zu ermöglichen.

Am 11. Juni 2025 zwischen 16:15 und 20 Uhr beherbergte das studentisch geführte Café eins der Frankfurt UAS etwa fünfzig Teilnehmende, die Vortragenden und deren Familien. Das Eltern-Kind-Zimmer im Kinderhaus stand für Rückzugsbedürfnisse bereit, und anwesende Kinder konnten Spieltische, -teppiche und Sofas zum Malen, Spielen und Hüpfen neben dem Podium nutzen.

Ines-Paul Baumann von der Beratungsstelle rubicon e.V. aus Köln gab unter dem Titel „Queere Familienkonzepte, Wege in die queere Elternschaft“ einen inspirierenden theoretischen Ein- und Überblick zu queeren und anderen Familienkonzepten. Ines-Paul Baumann diskutierte dabei das Spannungsfeld zwischen dem Bestreben, die rechtlichen Rahmenbedingungen so zu verändern, dass sie für alternative Familienkonstellationen rechtliche Anerkennung und Verantwortung ermöglichen, und dem Drang nach größtmöglicher Freiheit derjenigen, die unbeirrt ihren individuellen Weg gehen und sich und ihre Familienpraxis weder von Vorstellungen der gesellschaftlichen Mitte noch andere definieren lassen.

Theresa Richarz vom LSVD⁺ – Verband Queere Vielfalt gewährte in ihrem Vortrag über „Rechtliche Rahmenbedingungen queerer Familien- und Elternschaft“ einen detaillierten Blick in den Dschungel rechtlicher Hindernisse, Absicherungserfordernisse und Unmöglichkeiten, sobald Familie nicht als „Vatermutterkind“ ausbuchstabiert wird. Sie stellte elegante und erstaunlich einfache Vorschläge zum künftigen rechtlich sicheren Rahmen vor, der Menschen in Konsens und freier Wahl füreinander (Familien-)Verantwortung übernehmen ließe.

In der Fotoausstellung des Rainbow Cities Network konnten die Teilnehmenden sich in der Pause visuell einstimmen auf die Kurz-Erzählungen, die sieben Menschen aus ihren individuellen Familienkonstellationen auf dem Sofa-Podium einbrachten: Eine Mehrelternfamilie mit zwei Frauen, die einander und ihren Freund geheiratet und mit ihm gleichzeitig je ein Kind bekommen haben, ein schwules Paar, das erst durch Druck der Medien den Grund für die Ablehnung ihres Adoptionsantrages erfuhr – behördliche Diskriminierung – und so überwinden konnte, ein queeres Paar, das von der erfolgreichen Suche nach einer Samenspende berichtete, und ein lesbisches Paar mit zwei Söhnen, das nachdrücklich dafür warb, durch das Instrument der Pflegefamilie Kindern ein liebevolles Zuhause zu bieten, die mit ihren leiblichen Eltern aus verschiedenen Gründen nicht zusammenleben können. Alle hatten bezaubernde Anekdoten aus ihrem Alltag parat, die aufzeigen, dass Liebe und Verantwortung vielfältige lebendige Gesichter haben. Wer wollte, konnte an einem von Melanie Dörr angeleiteten meditativen Ausklang zum Thema „Verbundenheit“ teilnehmen, ehe alle eingeladen waren, sich bei Getränken und Gesprächen auszutauschen und zu vernetzen.

Deutlich wurde, welche Kompetenzen Menschen mit einer an ihren ganz eigenen Bedürfnissen orientierten Fürsorgegestaltung aufweisen können: Kompetenzen wie emotionaler Zusammenhalt, Verhandlungsgeschick, Mut, Kampfgeist, Stolz und Selbstbewusstsein, pragmatische Lösungsfindung, kreative Ausgestaltung von rechtlichen Regelungslücken, Umgang mit Medien und Behörden, … - tja, und eben „liebende Praxis“ im eigenen Familienalltag. Das Konzept der Veranstaltung könnte aufgegangen sein. So lässt sich jedenfalls schließen aus dem O-Ton einer Person Mitte 20: „Tausend Dank für die Organisation. Ich kann mir gerade das allererste Mal in meinem Leben überhaupt erst vorstellen, dass ich eine Familie gründen kann und bin ganz euphorisch, mir die verschiedenen Optionen vorzustellen.“

 

Zentrale WebredaktionID: 13137
letzte Änderung: 23.11.2023