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Geburtskomplikation mit verteilten Rollen: Angehende Hebammen proben mit Rettungskräften den Notfall

Simulationstag auf dem Campus bringt Studentinnen und Rettungsdienstschüler*innen wertvolle Erkenntnisse für die Zusammenarbeit

Die zwei Rettungswagen (RTW) auf dem Campus gehörten zum Szenario: Das Neugeborene ist wohlauf, bei der Mutter treten Komplikationen auf und sie muss vom Geburtshaus in die Klinik verlegt werden. Wie sollten Hebammen in solchen Situationen agieren, wie gelingt die optimale Abstimmung mit den Rettungskräften? Dies simulierten 17 Studentinnen des dualen Bachelor-Studiengangs Hebammenwissenschaft bei einem Trainingstag an der Frankfurt University of Applied Sciences (Frankfurt UAS). Alle „Rollen“ von Gebärender über Hebamme bis Partner wurden von Studentinnen übernommen. Die sechs Rettungskräfte waren echt. Schilder neben den RTW machten deutlich: Hier wird nur simuliert.

In Kooperation mit dem Kreisverband Aschaffenburg des Bayerischen Roten Kreuzes (BRK) hatte ein Team um Bianca Becker und Katja Steinert, Studiengangsleitungen und Lehrkräfte des kooperativen Studiengangs Hebammenwissenschaft, diesen Simulationstag organisiert. Ihr Ziel war zu erproben, wie die Kommunikation untereinander funktioniert und wie medizinische Übergaben und Absprachen in Extremsituationen gelingen. Nutzen alle die gleichen Codes, wie laufen die Meldeketten?

Im Vorfeld des gemeinsamen Simulationstags mit der Rettungsdienstschule Aschaffenburg wurde erarbeitet, was genau der Schnittmenge der interprofessionellen Zusammenarbeit der beiden Berufsgruppen entspricht. „Schon in der Zusammenarbeit der Expert*innen wurde schnell klar, wie unterschiedlich die professionelle Sicht auf die Vorgehensweisen in Bezug auf die entwickelten Szenarien ist“, so Bianca Becker. Die Hebamme und Medizinpädagogin B.A. hat in ihrer kürzlich eingereichten Masterarbeit zur Erlangung des Abschlusses Krisen- und Notfallmanagerin M.Sc. genau diese Schnittstelle von Hebammen und Rettungsdienst in Hessen untersucht und fand dies bestätigt. „Aus diesen Gründen wollte ich gerne beide Berufsgruppen in der Ausbildung aufeinandertreffen lassen“, erläutert sie. Der Fokus der Lehreinheit lag daher nicht auf dem fachlichen Inhalt, sondern – wie von beiden Seiten gewünscht – explizit auf dem Austausch und dem Verständnis für die Vorgehensweise der jeweils anderen Berufsgruppe.

Hierzu wurden zwei Szenarien entwickelt (postpartale atonische Blutung und Geburtsstillstand im Geburtshaus), welche relevante Situationen in der beruflichen Schnittstelle abbilden. Beide Szenarien wurden jeweils von zwei Gruppen durchgespielt. Die Teams erhielten ein genaues Briefing, in dem die Rahmenbedingungen festgelegt wurden, das klinische und häusliche Setting wurde im Simulationslabor der Hochschule geschaffen, die Rollen wurden zugelost. Sowohl die Simulationspatientin wie auch die anderen Beteiligten erhielten eine Rollenbeschreibung, die „Schwangere“ war ausgestattet mit einem Simulationsbauch, mit welchem sie gebären und bluten konnte. Die Rettungsdienstschule war mit zwei Einsatzfahrzeugen und zwei Rettungsteams vor Ort auf dem Campus der Hochschule.

Mit dem Start der Simulation handelten alle beteiligten Personen in ihrem beruflichen Kontext nach eigenem Ermessen ohne Vorgaben. Zusätzlich wurde mit der Fachexpertise von Bernd Becker (Feuerwehr Darmstadt) eine Leitstelle zugeschaltet. Die Studierenden mussten einen Notruf absetzen, ihre Lage der Leitstelle am Telefon mitteilen und den Rettungsdienst anfordern. Die simulierte Verlegung der „Patientin“ wurde per Video dokumentiert und wer keine Rolle zu spielen hatte, konnte das Geschehen am Bildschirm im Seminarraum verfolgen.

Direkt im Anschluss an ihre Einsätze kamen alle Beteiligten zum Debriefing zusammen – in der einen Gruppe unter Leitung von BRK-Rettungsdienstschulleiter Sven Oster und Bianca Becker, in der zweiten Gruppe unter Leitung von Katja Steinert und Matthias Heuberger, ehrenamtlicher Notfallsanitäter und tätig an der evangelischen Hochschule Darmstadt. Dabei reflektierten sie über die gemachten Erfahrungen und hatten zugleich Gelegenheit, eventuelle Wissenslücken zu schließen. „Das Debriefing ist der wichtigste Teil der Simulation, hier wird das vorher in der Simulation gezeigte Verhalten im geschützten Rahmen gemeinsam mit den Studierenden analysiert und nach Verbesserungen gesucht“, erläutert Becker. Übereinstimmendes Fazit der Teilnehmenden: Beide Berufsgruppen konnten viele wichtige Erkenntnisse in der Zusammenarbeit und einen ersten Eindruck über die jeweiligen Verhaltensregeln und Kompetenzbereiche der anderen Berufsgruppe gewinnen. Nach der erfolgreichen Premiere sollen nun weitere Simulationstage folgen.

Zum dualen Bachelor-Studiengang Hebammenwissenschaft (B.Sc.)

Der achtsemestrige Studiengang Hebammenwissenschaft (B.Sc.) startete im Sommersemester 2022 in Kooperation der Frankfurt University of Applied Sciences und der Johann-Wolfgang-Goethe-Universität auf der Grundlage des 2020 in Kraft getretenen Gesetzes über das Studium und den Beruf von Hebammen – Hebammengesetz (HebG). Die duale Struktur verknüpft hochschulische sowie praktische Lernorte und somit Theorie und Praxis. Die Studierenden werden darin begleitet, die Lerninhalte und ihre Erfahrung zu verbinden, um ihre professionelle Praxis zu entwickeln. Absolvent*innen erwerben mit Studienabschluss den akademischen Grad Bachelor of Science (B.Sc.) sowie die staatliche Berufszulassung als Hebamme.

Weitere Informationen unter: www.frankfurt-university.de/?id=10128

Kontakt:

Frankfurt University of Applied Sciences

Fachbereich 4: Soziale Arbeit und Gesundheit

Studiengangsleitung kooperativer Studiengang Hebammenwissenschaft

Bianca Becker, Telefon: +49 69 1533-4422, bianca.becker(at)fb4.fra-uas.remove-this.de

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letzte Änderung: 23.11.2023