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Virtuelle Bewegung durch Bewegungsabsicht: Forschungsgruppe FUTURE AGING leistet Beitrag zu internationaler Konferenz für Mensch-Computer-Interaktion

Ob tippen, klicken oder wischen – wir interagieren ständig mit der digitalen Welt. Aber wie lässt sich im virtuellen Raum etwas bewegen, wenn man sich selbst nicht bewegen kann oder möchte? Anders gesagt: Wie lässt sich eine bloße Bewegungsabsicht in virtuelle Aktion übersetzen? Das ist eine der Fragen, mit denen sich Jessica Sehrt beschäftigt. Sehrt ist wissenschaftliche Mitarbeiterin im Forschungszentrum FUTURE AGING und hat kürzlich einen Teil ihrer bisherigen Forschung in Hamburg bei der weltweit größten Konferenz für Mensch-Computer-Interaktion, der CHI (abgeleitet von „Human-Computer Interaction“), vorgestellt.

Rückkopplung mit virtueller Welt dank "Biofeedback"

Das Paper, das Sehrt präsentierte, lotet aus, welche Rolle Elektromyographie (EMG) – die Messung von elektrischer Aktivität in ausgewählten Muskeln – spielen kann, um Nutzer/-innen die Navigation im virtuellen Raum zu erleichtern. Dank EMG-Sensoren kann beispielsweise eine Patientin mit Muskelschwund durch den reinen Wunsch, bestimmte Muskeln zu bewegen, einen Klick auslösen – ganz ohne Maus oder Touchpad. In einer Studie untersuchte Sehrt gemeinsam mit anderen Forschenden, welche Muskelgruppen sich in diesem Kontext besonders gut ansteuern lassen. Als erfolgversprechend kristallisierte sich der Bizeps heraus, auf dem der Fokus einer in ihrer Systematik bislang einzigartigen Folgestudie zum sogenannten Biofeedback lag. Sehrt erläutert: „Muskelaktivierung durch Bewegungsabsicht lässt sich zum Teil schwierig kontrollieren, weil Nutzer/-innen nicht spüren, wie stark die Anspannung in ihren Muskeln ist oder wie lange sie schon andauert. Biofeedback kann ihnen bei der Kontrolle helfen: Die Betroffenen erhalten dann beispielsweise ein visuelles oder akustisches Signal, das je nach Muskelaktivität stärker oder schwächer wird.“ Sehrt und die anderen Forschenden testeten akustische, visuelle und taktile Signale – übermittelt durch einen Vibrationsmotor am Finger – und stellten fest, dass es in puncto Effektivität keine klare Tendenz gab. „Allerdings empfand eine Mehrheit der Probandinnen und Probanden eine Kombination aus visuellem und taktilem Feedback als besonders hilfreich“, so Sehrt.

Anpassen muss sich nicht der Mensch

Die Forschung in diesem Bereich betrachtet die Wissenschaftlerin als Grundlagenforschung. In künftigen Studien soll weiter untersucht werden, wie Biofeedback die Interaktion mit der virtuellen Welt vereinfachen kann. Einsatzgebiete sieht Sehrt nicht nur bei körperlich stark eingeschränkten oder erkrankten Personen: „Auch in der Bewegungsanalyse, im Fitnessbereich oder im Gaming könnten portable EMG-Geräte ihre Anwendung finden. ‚Ubiquitous computing‘, also die allgegenwärtige Datenverarbeitung, ist das Stichwort. Dabei geht es uns nicht darum, den Menschen an den virtuellen Raum anzupassen, sondern darum, die virtuelle Welt besser auf uns Menschen einzustellen.“

Erfolgsfaktoren: Interdisziplinarität und Raum für Forschung

Dass es der Forschungsgruppe FUTURE AGING gleich beim ersten Anlauf gelang, ein Paper bei der renommierten CHI zu platzieren, sehen Sehrt und ihre Kolleginnen und Kollegen als Beweis für die Relevanz und Qualität ihrer Forschung. „Aus unserer Sicht ist das ein großer Erfolg nicht nur für die Forschungsgruppe und unsere interdisziplinäre Ausrichtung, sondern auch für das Konzept des House of Science and Transfer (HoST), in dem wir unsere Forschung durchführen können“, sagt Prof. Dr. Valentin Schwind, Sehrts Betreuer. „Mit dem HoST hat die Hochschule ein rein auf Forschung fokussiertes Gebäude geschaffen, das genügend Raum und eine kontrollierbare Umgebung für Forschungsarbeit bietet. Außerdem verfügen wir dank des Mittelbauprogramms des Hessischen Wissenschaftsministeriums über die nötigen Stellen – wie die von Jessica Sehrt – und über essentielle hochaktuelle Technik.“ Die nächste CHI findet 2024 in Honolulu, Hawaii statt. Womöglich ist die Forschungsgruppe FUTURE AGING dann auch wieder mit von der Partie.


Weiterführende Informationen

  • Paper "The Effects of Body Location and Biosignal Feedback Modality on Performance and Workload Using Electromyography in Virtual Reality" von Jessica Sehrt et. al. 
  • Forschungszentrum FUTURE AGING
  • Offizielle Homepage der CHI 2023
Zentrale WebredaktionID: 4224
letzte Änderung: 01.05.2018