Podcast zur Sichtbarkeit innovativer Gründerinnen
Episode 2: SHINE – Unternehmerische Sichtbarkeit im Spotlight: Deep Dive Female Founders
Wie werden Gründerinnen in technologie- und wachstumsorientierten Startup-Ökosystemen sichtbar – und welche besonderen Herausforderungen bringen geschlechtsspezifische Erwartungen mit sich?
In dieser zweiten Episode spricht Maria Pozder mit Prof. Dr. Veronika Kneip und Dr. Melanie Slavici über weitere zentrale Ergebnisse des Projekts „Sichtbarkeit innovativer Gründerinnen“. Im Fokus stehen dieses Mal die Erfahrungen und Strategien von Gründerinnen, die sich in einer Szene behaupten müssen, in der männliche Normvorstellungen noch immer stark wirken. Die Forscherinnen zeigen, warum Sichtbarkeit für sie entscheidend ist, welche Zielgruppen und Phasen besonders prägen und wie Gründerinnen mit Stereotypen in Pitches, Medien und Netzwerken umgehen.
Dabei greifen sie drei Idealtypen auf, die unterschiedliche Wege im Umgang mit Geschlechterzuschreibungen beschreiben: die Feministin, die pragmatische Strategin und die Neutralitätsbetonerin. Die Episode macht deutlich, dass Gründerinnen ihre Sichtbarkeit flexibel und bewusst gestalten können – passend zu ihren Zielen, ihrem Unternehmen und ihrem Selbstverständnis.
Eine Episode für alle, die verstehen möchten, wie Gründerinnen Sichtbarkeit aktiv steuern und ihren Platz in der Startup-Welt selbstbewusst definieren.
In der zweiten Folge des „Institut für Mixed Leadership – SHINE Podcast“ mit dem Titel „SHINE – Unternehmerische Sichtbarkeit im Spotlight: Deep Dive Female Founders“ knüpfen Prof. Dr. Veronika Kneip und Dr. Melanie Slavici gemeinsam mit Moderatorin Maria Pozder direkt an die Auftaktfolge an. Ausgehend vom BMFTR-geförderten Forschungsprojekt „Sichtbarkeit innovativer Gründerinnen“ (SiGi), das an der Frankfurt University of Applied Sciences verortet ist, vertiefen sie die Frage, wie speziell Female Founders in technologie- und wachstumsorientierten Startups sichtbar werden – und was es dafür braucht, wenn sie sich in einem Ökosystem bewegen, in dem Gründerinnen noch immer deutlich unterrepräsentiert sind. Statt beim allgemeinen Begriff der „unternehmerischen Sichtbarkeit“ stehen nun die konkreten Erfahrungen, Strategien und Dilemmata von Gründerinnen im Fokus, die ihr Unternehmen aufbauen und zugleich ihren Platz in einer von männlichen Normvorstellungen geprägten Startup-Szene finden müssen.
Im Gespräch machen die drei deutlich, dass Sichtbarkeit für Gründerinnen weit mehr ist als ein „nice to have“. Sichtbarkeit entscheidet darüber, ob Investor*innen überhaupt auf ein Startup aufmerksam werden, ob Medien eine Gründungsgeschichte erzählen und ob potenzielle Teammitglieder, Kund*innen und Kooperationspartner*innen Vertrauen in das Projekt entwickeln. Gleichzeitig greifen die Gesprächspartner*innen zentrale Ergebnisse aus der SiGi-Forschung auf, etwa die Unterscheidung verschiedener Zielgruppen und Phasen, in denen Sichtbarkeit jeweils anders gestaltet werden muss: Gründerinnen balancieren zwischen frühem Sichtbarwerden – um Kontakte, Feedback und erste Unterstützer*innen zu gewinnen – und der Sorge, zu früh mit einer noch nicht marktreifen Idee an die Öffentlichkeit zu gehen.
Ein zentraler Strang der Folge widmet sich der Frage, wie Gründerinnen mit geschlechtsspezifischen Erwartungen und Stereotypen umgehen, die ihnen in Pitches, in Medienformaten oder in Netzwerken begegnen. Die Episode greift dazu Erkenntnisse aus den qualitativen Fallstudien des SiGi-Projekts auf, in denen deutlich wird, dass Gründerinnen häufig vor der Entscheidung stehen, ob sie ihr „Frau-sein“ offensiv als Bestandteil ihrer Sichtbarkeit nutzen, sich eher neutral positionieren oder explizit gegen stereotype Zuschreibungen arbeiten wollen. Die Forscherinnen entwickeln dafür drei Idealtypen: Erstens gibt es die Gründerin, die bewusst als Vorbild oder Mentorin auftritt und bestehende Geschlechterungleichheiten problematisiert – die Feministin. Zweitens gibt es die Gründerin, die ihre Sichtbarkeit als Frau strategisch nutzt, um dadurch Zugang etwa zu Medienpräsenz oder Finanzierungen zu erhalten – die pragmatische Strategin. Der dritte Idealtyp schließlich ist die Neutralitätsbetonerin, die das unternehmerische Tun in den Vordergrund stellt und es eher vermeidet, ihr Geschlecht zum Thema zu machen.
Gründerinnen wechseln dabei in der Realität oft, je nach Situation und persönlichem Selbstverständnis, zwischen diesen Typen hin und her. Und gleichzeitig thematisieren Prof. Kneip und Dr. Slavici, wie Investoren- und Medienlogiken oftmals bestimmte Bilder von „erfolgreichen“ Gründer*innen bevorzugen und damit subtile Hürden für diejenigen schaffen, die nicht in dieses Raster passen. Sichtbarkeit bedeutet für Gründerinnen daher immer auch, solche Erwartungen zu lesen, sie gegebenenfalls bewusst zu bedienen oder ihnen entgegenzutreten.
Unternehmerische Sichtbarkeit im Kontext von Female Founders ist also untrennbar mit Fragen von Macht, Anerkennung und Vorbildfunktionen verbunden. Die Episode zeigt, wie Gründerinnen ihre Sichtbarkeit reflektiert und situationsgerecht erhöhen können: indem sie ihre Zielgruppen klar benennen, die passenden Kommunikationsformate auswählen und bewusst entscheiden, in welchen Kontexten sie als „Female Founder“ auftreten möchten und wo vor allem das Produkt oder die Technologie im Vordergrund stehen soll. Immer wieder betonen die Gesprächspartnerinnen, dass es nicht darum geht, einem externen Ideal von Sichtbarkeit nachzueifern, sondern einen stimmigen, nachhaltigen Weg zu finden, der zur eigenen Geschichte, zum Team und zur Unternehmensvision passt. So versteht sich „Deep Dive Female Founders“ als vertiefender Blick hinter die Kulissen der Forschung und zugleich als ermutigende Einladung an Gründerinnen (und alle, die es werden wollen), die eigene Sichtbarkeit nicht dem Zufall oder den Erwartungen anderer zu überlassen, sondern aktiv zu gestalten – mit Klarheit über die eigenen Ziele, Bewusstsein für bestehende Stereotype und dem Mut, als unternehmerische Persönlichkeit sichtbar zu werden.
Highlights
Gefahr der Hypervisibility
Frauen sind in männlich dominierten Bereichen häufig von „Hypervisibility“ betroffen, wodurch ihre Person übermäßig stark wahrgenommen wird, was zwar medial vorteilhaft ist, jedoch dazu führen kann, dass ihre Leistungen in den Hintergrund geraten.
Drei Forschungsansätze
Zur Sichtbarkeit von Startup-Gründerinnen werden drei Forschungsansätze herangezogen, die untersuchen, wie stark Geschlecht soziale Interaktionen beeinflusst: Doing Gender, Redoing Gender, Undoing Gender.
Ergebnisse der Studie
Die Untersuchung zeigt, dass Gründerinnen und Gründer alle drei theoretischen Gender-Ansätze (Doing, Redoing und Undoing Gender) praktizieren. Zudem können drei idealtypische Rollen identifiziert wurden.
Typen in Startups
Gründerinnen in Tech-Startups lassen sich zwar oft unterschiedlich typisieren, viele treten jedoch als „Neutralitätsbetonerinnen“ auf, wechseln jedoch je nach Situation flexibel zwischen verschiedenen Rollen.
Strategischer Spagat
Gründerinnen bewegen sich zwischen inhaltlicher Arbeit und strategischer Selbstpositionierung, da sie Rollen je nach Situation anpassen müssen und dabei ständig zwischen dem Ideal geschlechtsneutraler Gleichheit und realen strukturellen Nachteilen abwägen.
Klischeefreie Sichtbarkeit
Stereotype sind zwar schwer aufzulösen, aber das Startup-Ökosystem sollte durch sorgfältig gestaltete Formate und Netzwerke dazu beitragen, Gründerinnen klischeefrei sichtbar zu machen und Förderangebote so auszurichten, dass sie nicht unbeabsichtigt ausgrenzend oder abwertend wirken.
Reflektiert handeln
Gründerinnen sollten reflektieren, welche Rollen und Strategien ihnen in unterschiedlichen Situationen entsprechen, und ihre Gründerinnenrolle aktiv so gestalten, wie es zu ihrer Persönlichkeit und ihrem beruflichen Kontext passt.




