Studium Generale der Frankfurt University of Applied Sciences: Modul „Meditation als kulturelle Praxis“
seit Sommersemester 20171
„In einer primär nach Fakultäten strukturierten Hochschule stellt sich die Frage, wo und wie man ein
Lehrangebot platzieren kann, das möglichst allen Studierenden zugänglich ist und das zudem von
allen Prüfungsämtern akzeptiert wird. Im Fall der Frankfurt University of Applied Sciences bot sich
dafür das schon seit 2005 etablierte 'Interdisziplinäre Studium Generale (ISG)' an. An diesem
Programm von dynamisch wechselnden Themenangeboten sind alle Bachelorstudiengänge der
Hochschule beteiligt. Die Studierenden können aus diesen Themen frei auswählen. Zusätzlich bieten
die ISG-Module die Besonderheit, dass grundsätzlich mindestens drei verschiedene Dozenten aus
verschiedenen Fachbereichen als ein interdisziplinäres Team für die Begleitung des Moduls zur
Verfügung stehen; eine noch größere Auffächerung ist bei Bedarf möglich. Es lag also nahe, das
Thema 'Meditation als kulturelle Praxis' in diesem hochschulweiten, offenen Programm als ein
ISGModul anzubieten.
Aufgrund des Kontextes Hochschule darf ferner erwartet werden, dass der Lehrgegenstand – hier das
Phänomen 'Meditation als kulturelle Praxis' – grundsätzlich mit wissenschaftlichen Methoden
behandelt wird. Im Bereich der Theorie bot es sich an, das Phänomen 'Meditation' mit den Augen
unterschiedlicher Disziplinen zu betrachten: mit den Augen (i) der 'Wissenschaftsphilosophie' und
der 'empirischen Wissenschaften'; (ii) der 'Religionen (aus religionswissenschaftlicher Sicht)'; (iii) der
'Wirtschaft' und (iv) einer 'empirischen Gegenwartsanalyse'. Im Bereich der Anwendungen lag es
ferner nahe, regelmäßig konkrete Meditationsübungen anzubieten, zu erproben und auszuwerten.
Für die Lernmethode wurde ein explorierendes Vorgehen anhand von Aufgaben gewählt. Nach der
Erklärung einer Aufgabenstellung müssen die Teams dabei eigenständig versuchen, diese Aufgaben
zu bearbeiten. Bei der darauffolgenden Sitzung stellen die Teams ihre Resultate vor und diese
werden diskutiert. Auf diese Weise lernten die Teams voneinander. Die Teams selbst wurden zu
Beginn des Semesters unter Berücksichtigung der Verteilung auf die verschiedenen Fachbereiche
nach dem Zufallsprinzip gebildet. Im Anschluss an die Präsentation der Teams kommentierten die
Dozenten die Ergebnisse und skizzierten dann ihre eigene Position zum Thema mit einer sich
anschließenden Aussprache.
Die Sitzungen fanden im Zwei-Wochen-Rhythmus statt (4 x 45 Minuten plus Pausen). Die
Grundstruktur einer Sitzung war über das Semester immer gleich: (i) Vorstellen der
Arbeitsergebnisse der Teams mit erster Aussprache (Theorie); (ii) Meditationsübung (Anwendung);
(iii) Feedback seitens der Dozenten und Position eines Dozenten (Themenverantwortlicher für diese
Sitzung) (Theorie); (iv) Meditationsübung (Anwendung); (v) Abschließende Aussprache (Theorie) und (vi)
Aufgabenstellung für die nächste Sitzung. In den Wochen dazwischen wurden zusätzliche
Meditationen angeboten, ebenfalls 14-tägig.
Start des Moduls 'Meditation als kulturelle Praxis' war das Sommersemester 2017. In den
nachfolgenden Semestern 2 und 3 wurde diese Struktur in einzelnen Details variiert, blieb aber
grundsätzlich gleich. So wurde in den Semestern 2 und 3 z. B. mit den Präsentationsformen für die
Arbeitsergebnisse der studentischen Teams experimentiert (Team-Speed-Dating, Inkrementelles
Mindmapping) oder im dritten Semester (SS 2018) wurde beispielsweise die Anzahl der
Meditationsübungen pro Sitzungen auf eine reduziert, dafür wurde in diesem Semester jedes Mal
eine andere Meditationsform vorgestellt und ausprobiert, so z. B. geführte Meditation,
Schweigemeditation mit anschließendem Gehen, Body-Scan, Yoga sowie eine Mantra-Meditation
(mit Gesang).
Die subjektiven Prozesse der einzelnen Teilnehmer lassen sich natürlich nicht direkt messen, aber
man kann die aktive Beschäftigung mit den Themen und Methoden ansatzweise erfassen. So bietet
das eLearningsystem der Hochschule die Möglichkeit, dass die studentischen Teams ihre
Arbeitsergebnisse für die Sitzungen explizit hochladen und dadurch dokumentieren. Entsprechend
konnten die Dozenten die einzelnen Teamergebnisse zusätzlich zu der direkten Aussprache in den
Sitzungen kommentieren. Ferner erstellten die studentischen Teams für die Schlussprüfung eine
mediale Aufarbeitung des Themas 'Meditation' aus ihrer Sicht und im Lichte des Semesters. Im
ersten
Semester war dies ein kommentiertes Poster oder ein szenisches Rollenspiel; im zweiten und dritten
Semester gab es die Optionen szenisches Rollenspiel, Video oder Hörspiel. Mit Abstand am
beliebtesten ist die Option Video, dann folgt das Rollenspiel; am Hörspiel hat sich noch kein Team
versucht. Begleitend verfasste jeder Studierende für die Schlussprüfung einen Text mit seiner
individuellen Reflexion, warum er/sie das Thema Meditation gewählt und in welchem Sinne das
Modul ihm/ihr geholfen hatte (oder auch nicht). In diesen persönlichen Reflexionen spiegelten sich
greifbar die unterschiedlichen Anforderungen der heutigen Gesellschaft ...“
1Der nachfolgende Text ist unserem 2019 erschienenen Buch entnommen: Dievernich, Frank
E.P./DöbenHenisch, Gerd-Dietrich/Frey, Reiner: Bildung 5.0: Wissenschaft, Hochschulen und Meditation. Das
Selbstprojekt. Beltz-Juventa, Weinheim und Basel, S. 45 ff.