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Christine Lambrecht, Bundesministerin der Justiz und für Verbraucherschutz, zum Thema "Rechtsextremismus und Hass im Netz – europäische Lösungen?"

Am 19. Oktober 2020 war Christine Lambrecht, Bundesministerin der Justiz und für Verbraucherschutz, zu Gast bei der Reihe „Think Europe – Europe thinks“ am Center for Applied European Studies (CAES) zum Thema „Rechtsextremismus und Hass im Netz – europäische Lösungen?“

Der Präsident der Frankfurt UAS Prof. Dr. Frank E.P. Dievernich zeigte in seiner Begrüßung auf, dass die Vernetzung im Internet eine wichtige Rolle für eine immer gewaltbereitere rechte Szene spiele. Längst bestünden zwischen sozialen Medien und durch Hass motivierten Straftaten klare Zusammenhänge und der Hass zeige sich im Netz zunehmend ungehemmt. Das Netz habe den „Nährboden bereitet, die dunklen Seiten der Gesellschaft salon – und damit kulturfähig zu machen“.

Der Geschäftsführende Direktor des CAES Prof. Dr. Dr. Michel Friedman wies zu Beginn seines Grußworts darauf hin, dass „der Rechtsextremismus der Ausdruck einer Gesinnung ist, die das Antidemokratische ist.“ Die Verselbstständigung und Vervielfältigung der Prozesse im Internet gäben dem Hass noch eine neue Dimension. Menschenhass sei das Gegenteil des Art. 1 (GG), denn für Rechtsextremisten ist die Würde des Menschen antastbar. Dabei widerspreche Rechtsextremismus auch der Grundidee der Menschrechte, da das „Recht, Rechte zu haben“ (Hannah Arendt) universell sei. Ziel des Hasses sei die Vernichtung des Subjekts, das gehasst wird. In den politischen Rahmen gestellt, sei dies u. a. die Vernichtung der Demokratie, so dass sich die Frage danach stelle, wie Deutschland und die EU-Mitgliedsstaaten mit Rechtsextremismus umgehen.

Christine Lambrecht zeigte zu Beginn ihrer Rede den starken Zusammenhang zwischen Hass im Netz und rechtsextremen Taten auf. In der vermeintlichen Anonymität des Netzes beobachte man eine Enthemmung und Radikalisierung, die man aus politischen Diskussionen in diesem Ausmaß nicht kannte. Daher stelle sich insbesondere in der digitalen Kommunikation die Frage nach der Rolle eines offenen Meinungsaustausches für das Funktionieren einer lebendigen Demokratie.

Der freie Diskurs im Internet solle weiterhin ermöglicht werden, aber man müsse Fehlentwicklungen thematisieren. Die ungehemmte Hetze im Netz beschädige laut Lambrecht den freien Diskurs: „Kann eine offene und freie Diskussion unter diesen Bedingungen überhaupt stattfinden, wenn man jederzeit vor Augen geführt bekommt, was einem blüht, wenn man den Blick in diesen hassenden Mob richtet?“ Im Rahmen dieses Einschüchterungseffekts beteiligten sich die Betroffenen seltener an politischen Diskussionen im Netz. Ziel der Hatespeech sei es ein Klima der Angst zu verbreiten und gerade im Netz fänden diese Äußerungen einen entsprechenden Resonanzboden. „So entwickelt sich eine Spirale, die ganz schwer wieder durchbrochen werden kann, aber die durchbrochen werden muss, damit aus diesen Worten nicht Taten folgen“, so Lambrecht.

Lambrecht plädierte eindringlich dafür, sich dem Rechtsextremismus offline und online entschieden entgegenzustellen, Täter angemessen zu bestrafen, sich mit Opfern zu solidarisieren, Präventionsarbeit zu leisten und Regelungen zu schaffen, die dem Hass im Netz Einhalt gebieten. Dabei widersprächen staatliche Regelungen im Kampf gegen Rechtsextremismus im Netz nicht der Meinungsfreiheit, denn dies sei die Freiheit, sich an geistigen Auseinandersetzungen zu beteiligen, seine Überzeugungen mitzuteilen und Herrschaftskritik zu üben. Dahingegen sei Hass im Netz nicht als Meinungsfreiheit zu verstehen, da es sich dabei um Äußerungen handle, die darauf abzielten, Rechtsgüter zu verletzen und zu Gewalt aufzustacheln.

Obwohl die EU derzeit den Digital Services Act plane, habe Lambrecht in Deutschland ein Gesetz auf Weg gebracht, dass Provider dazu verpflichtet, IP-Adressen von denjenigen, die sich im Internet strafbar machen, an das BKA herauszugeben, denn „was offline verboten ist, das darf auch online nicht erlaubt sein“, so Lambrecht. Die Notwendigkeit dieser Regelungen habe sie verstärkt in der EU-Ratspräsidentschaft thematisiert und beobachte ein großes Interesse daran seitens ihrer europäischen Kollegen/innen. In den Verhandlungen könne man auf gemeinsamen Erfahrungen in Europa aufbauen.

Die Fragen aus dem Publikum moderierte Katharina Bruns von hr-iNFO. Es wurden Fragen gestellt nach der Diskussion des Themas und den Regelungen auf europäischer Ebene, der Meldung von Verstößen durch Facebook, dem Sicherheitsgefühl von Menschen mit Migrationshintergrund in Anbetracht rechtsextremer Tendenzen bei der Polizei, der Vorgehensweise gegen Hassrede, die von außerhalb der EU kommt und der Rolle der Bildung. Friedman wies zum Abschluss darauf hin, dass auch diejenigen, die nicht agieren, mitverantwortlich seien und fügte hinzu, dass „eine Demokratie, in der Hass unbeantwortet bleibt, zerbröselt.“

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letzte Änderung: 24.06.2021