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Der Lehm, das Bauen mit der Erde gehört zu den grundlegenden Formen des Bauens. Den Lehm mit Händen und Füßen zu bearbeiten und daraus eine Wand zu formen, zu konstruieren erinnert an die Anfänge der Architektur. Das Bearbeiten des Lehms, das Stampfen der Schichten in der Schalung ist außerdem eine Gemeinschaftserfahrung. Das Ergebnis, eine Wand aus einer Vielzahl von Schichten bestehend, lebt von der Struktur und Farbe der Erde die verwendet wird. Die Erscheinung der Wand zeigt unmittelbar den Entstehungsprozess zusammen mit den Eigenschaften des Materials. Eine Stampflehmwand verfügt außerdem über hervorragende bauphysikalische Eigenschaften. Kaum ein anderes Baumaterial kann in gleichem Maß Feuchtigkeit aufnehmen und wieder abgeben, was gute Voraussetzungen für ein gutes Raumklima sind. Oder wie Martin Rauch, „Erdverbundener Querdenker“ (Otto Kapfinger) 1 und international tätiger Experte für den Lehmbau es bezeichnet: „Die Schale, die uns räumlich umgibt soll so atmen, so diffundieren können wie unser Körper“. 2

Der Ziegelstein dagegen steht für das Modulare allen Bauens. Unabhängig von der Bauweise, dem Material, dem Fügungsprinzip setzt sich das Ganze der Architektur immer aus Teilen zusammen, die durch ihre Beschaffenheit, ihre Struktur und Größenordnung das Denken in Modulen erfordern. Der Ziegelstein macht dies sehr gut anschaulich. Aus der Zusammensetzung einzelner Steine wird die Wand, ein Bogen, der Raum. Die Kraft und Sinnlichkeit des Materials können durch das Zeichnen allein nicht vermittelt werden. Es braucht die unmittelbare Erfahrung mit dem Material. Wand und Öffnung, von dem Ziegelsteinbogen überspannt, vereint die Sinnlichkeit des Materials, mit dem Prinzip der Fügung und der Idee des Raums.

Vor diesem Hintergrund entsteht mit den Studierenden des ersten Semesters Baukonstruktion im Wintersemester 2019/20 eine Stampflehmwand mit einer Öffnung, die mit einem gemauerten Ziegelsteinbogen überspannt wird.  Der Bogen überbaut eine Öffnung von 2,5 m, und wird mit einem Profil von 49 x 62,5 cm ausgeführt. Im ersten Schritt wurden dazu die Widerlager, zwei Stampflehmwände mit einer Stärke von 60 cm hergestellt. Die Lehmschichten werden mit einer Höhe von 12cm eingebracht und in jeder Lage sorgfältig verdichtet. Den Bogen mauern die Studierenden mit den eigenen Händen und lernen dabei die Gesetzmäßigkeit eines Mauerwerksverbandes und die daraus folgende notwendige Maßhaltigkeit kennen.

In einem dritten Schritt werden weitere Lehmschichten aufgebracht, die den Bogen überdecken werden. Ein Schutzdach schützt die fertige Konstruktion vor der Witterung.

 

Otto Kapfinger in Martin Rauch: Gebaute Erde, Gestalten & Konstruieren mit Stampflehm

Martin Rauch: ebenda

Prof. Heinrich Lessing Architekt BDAID: 10152
letzte Änderung: 08.10.2021