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Veränderungen für Konsumierende von Cannabis durch das Cannabisgesetz

Online-Erhebung mit fast 11.500 Befragten zeigt deutliche Verschiebungen durch das neue Cannabisgesetz

Das neue Cannabisgesetz (CanG) regelt seit 1. April 2024 den legalen Bezug von Cannabis auf verschiedenen Wegen. Und diese nützen viele Konsumierende auch, sie bauen mehrheitlich selbst Cannabis an oder beziehen es per Rezept über Apotheken statt über den illegalen Markt. Dies zeigt eine Online-Erhebung des Instituts für Suchtforschung (ISFF) der Frankfurt University of Applied Sciences (Frankfurt UAS) in Zusammenarbeit mit der Evangelischen Hochschule Freiburg. Das Forschungsteam wertete Fragebögen von fast 11.500 Konsumierenden aus, um zu untersuchen, welche Veränderungen von Konsummustern, Bezug und Einstellungen bei Konsumierenden durch das Gesetz stattgefunden haben. Die Auswertung ist hier abrufbar.

Deutliche Veränderung bei Bezugsquellen

Das Projekt „Veränderungen für Konsumierende von Cannabis durch das Cannabisgesetz (KonCanG)“ wurde durch den Innovationsfonds der Frankfurt UAS gefördert. An der nicht-repräsentativen Online-Erhebung konnten Nutzer*innen mit einem Mindestalter von 14 Jahren von Ende März bis Anfang Juni 2025 teilnehmen. Ziel war es, vor allem regelmäßig oder häufig Konsumierende zu erreichen. In der Stichprobe konsumierten 81 Prozent mindestens wöchentlich, 39 Prozent sogar täglich. Die Antworten der fast ausschließlich (99 Prozent) volljährigen Teilnehmenden weisen dabei auf eine deutliche Tendenz weg von Dealer*innen hin, wenn es darum geht, woher ihr Cannabis kommt. „Die Befragung zeigt, dass das Cannabisgesetz bereits jetzt ein Erfolg im Hinblick auf die Schwächung des illegalen Marktes ist: Gerade diejenigen, die den Großteil des Cannabis in Deutschland verbrauchen, nutzen weit überwiegend legale Quellen“, so Prof. Dr. Bernd Werse, Direktor des ISFF und Leiter des Projektes. 88 Prozent der befragten Erwachsenen bezogen in den letzten sechs Monaten Cannabis hauptsächlich aus einer grundsätzlich legalen Quelle. In der Zeit vor dem Gesetz nutzten 23 Prozent eine der jetzt legalisierten Möglichkeiten als Hauptquelle. Eigenanbau oder den Bezug aus der (Online-)Apotheke benennen fast 80 Prozent als aktuelle hauptsächliche Bezugsquelle.
 

Der Joint daheim ist beliebter als der Konsum in der Öffentlichkeit

Zudem gibt die Auswertung einen Einblick, wie die Befragten konsumieren. Am beliebtesten ist hier der Joint mit Tabak, knapp gefolgt von Vaporizern. Jeder Fünfte der Befragten nutzt auch synthetische Cannabisprodukte, allerdings ist hier der Anteil insgesamt im Vergleich zur Zeit vor dem Gesetz gesunken. Mit diesem wird es zudem möglich, legal in weiten Bereichen des öffentlichen Raums zu konsumieren. Das nutzen viele aber nicht. „Laut unserer Studie konsumieren die meisten Befragten im privaten Rahmen; so geben fast alle das eigene Grundstück als einen ihrer Konsumorte an. Knapp die Hälfte nennt auch den öffentlichen Raum als Konsumort. Die wenigen befragten Jugendliche dagegen konsumieren deutlich häufiger auch im öffentlichen Raum“, so Prof. Dr. Anke Stallwitz, Professorin für Sozialpsychologie an der Evangelischen Hochschule Freiburg.

Frauen konsumieren anders

Was den Umgang mit Cannabis angeht, zeigen sich weitere Muster mit Blick auf das Geschlecht und das Alter. Zwar ist regelmäßiger Cannabiskonsum unter Frauen generell deutlich geringer verbreitet, was sich in der Stichprobe in einem Männeranteil von 86% niederschlägt. Jedoch: „Wenn Frauen oder Jugendliche konsumieren, verwenden sie eher riskante Konsumformen als Männer. Cannabis wird meist als Joint geraucht und es werden auch etwas eher synthetische Cannabinoide konsumiert“, fasst Larissa Steimle, ehemals Frankfurt UAS und nun Technische Hochschule Nürnberg Georg Simon Ohm, zusammen. Zudem nutzen Frauen eher weiterhin illegale Quellen – vor allem, weil sie deutlich häufiger Cannabis von Freund*innen nutzen, statt sich selbst um die Beschaffung zu kümmern. Diese Erkenntnisse gäben Ansatzpunkte für eine gezielte Aufklärung.

Die Auswertung der Befragung erscheint im Vorfeld der ersten Ergebnisse eines wissenschaftlichen Evaluationsprozesses, den die Bundesregierung zu den gesellschaftlichen Auswirkungen des Konsumcannabisgesetzes angestoßen hat. Ein Verbundprojekt (ohne Beteiligung der Autor*innen) untersucht hierzu unterschiedliche Fragestellungen. Eine erste Teilevaluation soll im Herbst vorliegen. Werse hierzu: „Bisher liegen keine belastbaren Hinweise zur zentralen Frage vor, etwa wie sich die Beschaffung verlagert hat. Unsere Studie mit ihrer großen erreichten Stichprobe wird genau zu diesem Punkt als externe Quelle für die offizielle Evaluation wichtige Erkenntnisse liefern.“ Zumindest bei den Konsumierenden hat das Gesetz bereits zu einer Wahrnehmungsänderung geführt. Drei Viertel gaben bei der Erhebung an, keine Angst mehr vor einer Strafverfolgung zu haben.

Die Teilnehmenden der Online-Erhebung im Überblick:

  • Geschlecht: 85,9% männlich, 13,4% weiblich, 0,7% divers.
  • Alter: Median = 37 Jahre; 14-18 Jahre: 0,8 Prozent, 18-24 Jahre: 12%, 25-30 Jahre: 19%, 31-35 Jahre: 15,6%, 36-40 Jahre: 18,8%, 41-50 Jahre: 24,3%, über 50 Jahre: 10,3%
  • Staatsbürgerschaft: 96,5% deutsch, 1,9% doppelte Staatsbürgerschaft, 1,6% andere Staatsbürgerschaft
  • Einkommen/Bildungsabschluss/Wohnort Stadt und Land

E-learning on prison health are offered under: HarmReduction.eu

Der jährlich erscheinende "Alternative Drogen- und Suchtbericht" wird u.a. mit Mitarbeiter*innen des ISFF als mitverantwortliche Redakteur*innen erstellt. Unter  alternativer-drogenbericht.de können Sie die kompletten Berichte einsehen und herunterladen.
Aktuell ist der 11. Alternativer Drogen- und Suchtbericht 2024

Webredaktion Fb4ID: 6641
letzte Änderung: 28.08.2025